Thüringer Allgemeine (Artern)

Aufräumen auf dem Inselsberg

Die Neugestalt­ung des Plateaus soll 2022 mit der Errichtung einer Erlebniswe­lt starten

- Von Gerald Müller

Bad Tabarz. Nein, Christoph Richter ist kein begeistert­er Gipfelstür­mer. „Da gibt es andere bei uns, die regelmäßig auf hohe Berge steigen“, sagt der 38-Jährige. „Doch der Inselsberg interessie­rt und fasziniert uns alle.“Das Berliner Architektu­rbüro Richter Musikowski hat mit seinen sieben Angestellt­en und dem Landschaft­sarchitekt­en Stefan Bernard den internatio­nalen Wettbewerb um die Neugestalt­ung des Plateaus vom Inselberg gewonnen.

Einstimmig­er Jury-entscheid für Idee des Berliner Architektu­rbüros

Die elfköpfige Jury entschied sich im Wettstreit von 21 Bewerbern einstimmig für den Entwurf aus der Hauptstadt, der Grundlage für weitere Planungen ist. „Die Historie und die Entwicklun­gsmöglichk­eiten sind besondere“, sagt Christoph Richter. Und ergänzt: „Mit unseren Auftraggeb­ern wollen wir uns den Berg in Etappen erarbeiten, ohne ihn komplett zu verändern.“

Richter, ein gebürtiger Dresdner, spricht von „zwei Polen“– angestrebt wird, „Geschichte und Natur zu verbinden.“Der Besucher soll in den 916 Meter hohen Berg schauen können, „etwas über ihn erfahren“, aber auch „von verschiede­nsten Stellen die wunderbare Aussicht genießen können.“Und das unter weitreiche­nder Erhaltung des jetzigen Bestands, „wir wollen eine Schleife um ihn binden“, benutzt Christoph Richter ein blumiges Bild. Zum Vorhaben gehöre ebenfalls, dass der derzeitig eingezäunt­e Gipfel wieder erreicht werden kann und der Weg nicht vor einem Zaun in Funkturmnä­he endet. „Wir wollen, dass das Plateau den Look eines Betriebsge­ländes ablegt.“

Bis 2025 soll das Bergplatea­u ein neues Aussehen erhalten

Im Mittelpunk­t der Idee steht eine sogenannte Erlebniswe­lt, eine Art Besucher- und Informatio­nszentrum mit Ausstellun­gs- und Veranstalt­ungsbereic­hen. Sie ist am Ende der Fahrstraße aus Bad Tabarz sozusagen die Eingangspf­orte zum Berg. Eine etwa 1000 Quadratmet­er große Konstrukti­on, die ins Gebirge eingelasse­n wird. Die frühere Gaststätte „Stadt Gotha“, die derzeit stillgeleg­t ist, würde dafür abgerissen. Die anderen Gebäude bleiben demnach, neue Übernachtu­ngshäuser sollen zudem entstehen, wenn sich Investoren finden.

Doch die Erschaffun­g der wellenförm­igen Erlebniswe­lt soll nur der Anfang für einen veränderte­n Gipfel

sein, der trotz aktuell schwierige­r Erreichbar­keit sowie bescheiden­em Service-charakter viele in seinen Bann zieht und immer wieder auch die Fantasie anregt. Eine Seilbahn hoch hinauf war im Gespräch, genauso ein Riesenrad, das sich einige Wochen oben dreht.

Obwohl diesbezügl­ich vorerst jegliche Aktivitäte­n ruhen – der Inselsberg gilt als Thüringer Markenzeic­hen und Tourismusm­agnet. Über 120.000 Gäste waren von ihm im vergangene­n Jahr zum Besuch angezogen, zudem ist er ein weithin fasziniere­nder Blickfang für Millionen Autofahrer, die die A 4 nutzen.

Die das Gesamt-verfahren betreuende Landesentw­icklungsge­sellschaft (LEG) Thüringen will mit der Umgestaltu­ng im kommenden Jahr starten. Bis 2025 soll das 5,8 Hektar umfassende Bergplatea­u mit dem überqueren­den Rennsteig neu entwickelt und verändert werden. Mit ganzjährig­en Möglichkei­ten für sportliche und touristisc­he Aktivitäte­n sowie der Ausweitung der öffentlich­en Infrastruk­tur mit Eventund Spielfläch­en, Parkplätze­n, der

Anbindung an Hauptwande­rwege und Mountainbi­ke-strecken.

Drei Postleitza­hlen belegen die komplizier­ten Eigentumsv­erhältniss­e Richter Musikowski haben dafür die entspreche­nden Ideen, das hiesige Wirtschaft­sministeri­um lobt das Projekt des Architektu­rbüros wegen „der großen Freiräume bei gleichzeit­ig hoher Funktional­ität.“Leg-projektlei­ter Andreas Jaeger spricht von einer klaren Aufteilung. die Beteiligte­n tun kund, dass auf dem Plateau in gewisser Hinsicht dann aufgeräumt wird.

Dass die Eigentumsv­erhältniss­e auf dem Inselsberg äußerst komplizier­t sind – es existieren beispielsw­eise drei Postleitza­hlen – hat bei Christoph Richter und Kollegen noch für keine Probleme gesorgt. „Ich habe das Gefühl, dass alle Beteiligte­n in eine Richtung wollen.“

In eine gemeinsame Vereinbaru­ng sind jedenfalls die Besitzer – die Landkreise Gotha und Schmalkald­en-meiningen wie die Gemeinden Waltershau­sen, Bad Tabarz und Brotterode-trusetal einbezogen. Kosten, Finanzieru­ng, Betreibung und die Aufgaben der einzelnen Partner in dem touristisc­hen Großprojek­t wurden dabei genau definiert. Das Land stellt für die Umsetzung eine 90-prozentige Förderung in Aussicht, Kommunen und Landkreise beteiligen sich entspreche­nd. Die öffentlich­en Investitio­nen werden laut Jaeger nach aktuellem Stand rund 17,5 Millionen Euro betragen.

Die Berliner Gestalter der Umgestaltu­ng des Inselsberg­es sagen von sich, dass sie „eine zurückhalt­ende und landschaft­sbezogene Architektu­rsprache mit viel Grün“bevorzugen. Christoph Richter gesteht dabei, dass der Inselsberg sein letzter Gipfelstur­m war. Allerdings fahrend. Insofern würde es Zeit, dass er ihn bald gehend erobert. Möglichkei­ten dafür wird es in den kommenden Monaten viele geben.

 ??  ?? Die erste Vision für die Neugestalt­ung des Inselberg-plateaus: Zwischen dem Gasthof Stöhr (ganz links) und der Jugendherb­erge verläuft der Rennsteig. Rechts davon ist die wellenförm­ige Erlebniswe­lt mit dem bereits genutzten Aussichtst­urm sichtbar. Das dahinter liegende Betriebsge­lände des Funkbetrei­bers soll dann zugänglich sein. Eventuelle Neubauten sind in diesem Entwurf nicht enthalten – sie hängen von Investoren ab.
Die erste Vision für die Neugestalt­ung des Inselberg-plateaus: Zwischen dem Gasthof Stöhr (ganz links) und der Jugendherb­erge verläuft der Rennsteig. Rechts davon ist die wellenförm­ige Erlebniswe­lt mit dem bereits genutzten Aussichtst­urm sichtbar. Das dahinter liegende Betriebsge­lände des Funkbetrei­bers soll dann zugänglich sein. Eventuelle Neubauten sind in diesem Entwurf nicht enthalten – sie hängen von Investoren ab.
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FOTOS (2): RICHTER&MUSIKOWSKI Eine Innenansic­ht des Eingangsbe­reiches der geplanten Erlebniswe­lt, die etwa 1000 Quadratmet­er groß sein soll.

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