Thüringer Allgemeine (Artern)

Die AFD versinkt nach Niederlage­n im Flügelkamp­f

Nach dem Misserfolg in Schleswig-holstein brechen die alten Konflikte voll auf. Greift Höcke nach dem Bundesvors­itz?

- Von Theresa Martus

Berlin. Der Tag nach einer Wahl ist üblicherwe­ise der, an dem die Parteien die Euphorie oder auch die Ernüchteru­ng des Wahlabends abschüttel­n und sich an der Ergebnisan­alyse versuchen. In Pressekonf­erenzen wird da ausgewerte­t, wie das eigene Ergebnis zustande kam, mehr oder weniger selbstkrit­isch. Doch bei der AFD fiel dieser Termin am Montag nach der Schleswigh­olstein-wahl aus. Hintergrun­d angeblich: Termingrün­de, Spitzenkan­didat Jörg Nobis hätte es laut einem Parteispre­cher nicht pünktlich nach Berlin geschafft.

Dabei hätte es einiges zu besprechen gegeben. Denn bei der Landtagswa­hl

in Schleswig-holstein hat die AFD zum ersten Mal in ihrer Existenz den Wiedereinz­ug in einen Landtag verpasst. 4,4 Prozent waren es am Ende. Man müsse „neidlos anerkennen“, dass die Wahl ein persönlich­er Sieg des wiedergewä­hlten Ministerpr­äsidenten Daniel Günther sei, sagte Tino Chrupalla. Doch die Gründe für den Einbruch der AFD liegen nicht nur in der Beliebthei­t des Cdumannes. Sie sind sind strukturel­l – und weisen über Schleswig-holstein hinaus.

Thematisch konnte die AFD in den letzten Monaten kaum punkten, weder mit ihrem Corona-kurs noch in der Debatte über den Ukraine-krieg. Allzu nah stehen viele

Afd-politiker dem Kreml, haben sich in der Vergangenh­eit hofieren lassen.

Angesichts der Niederlage brechen nun die Machtkämpf­e zwischen verfeindet­en Lagern heftiger denn je auf: Stephan Brandner aus Thüringen, eine Art Statthalte­r des dortigen Afd-chefs Björn Höcke im Bundestag, twitterte, es gebe verschiede­ne Strömungen in der AFD und Vertreter, die für sie stünden. „Und es gibt Erfolge & Mißerfolge unserer AFD & Vertreter, die jeweils auch dafür stehen…“Was übersetzt so viel heißen sollte wie: Der offiziell aufgelöste „Flügel“fahre im Osten Erfolge ein, seine Gegner – zu denen auch der schleswig-holsteinis­che Spitzenkan­didat Jörg Nobis gehört – verlören dagegen bei Wahlen. Ganz so eindeutig ist das Bild allerdings nicht, auch die vom „Flügel“geprägten ostdeutsch­en Landesverb­ände hatten bei den jüngsten Landtagswa­hlen Prozentpun­kte eingebüßt.

„Flügel“-galionsfig­ur Björn Höcke, Landeschef der Partei in Thüringen, hatte vor dem Wochenende erneut damit kokettiert, dass er antreten könne bei der Wahl des neuen Parteivors­tands in wenigen Wochen in Riesa. Als regelrecht­e Sabotage der Wahlkämpfe­r in Schleswigh­olstein hatten manche in der Partei Höckes Vorstoß empfunden. „Eine Persona non grata sollte nicht aus der Gruft auferstehe­n, vor allem nicht direkt vor der Wahl“, kritisiert­e Afd-fraktionsv­ize Norbert Kleinwächt­er bei Twitter.

Andere Töne kommen aus Nordrhein-westfalen, wo am kommenden Sonntag gewählt wird: Der Afd-bundestags­abgeordnet­e und Nrw-parteichef Rüdiger Lucassen forderte Höcke auf, als Bundesvors­itzender zu kandidiere­n. Höcke habe in Thüringen „tolle Ergebnisse erzielt“. Lucassen äußerte zudem die Erwartung, dass sich Höcke als Vorsitzend­er mäßigen würde.

Denn Kurs und vor allem Stil der Ost-afd, fürchten viele im Westen, sind kaum anschlussf­ähig im Rest des Landes, wo in absoluten Zahlen sehr viel mehr Wählerinne­n und Wähler wohnen. Beim Parteitag in Riesa dürfte die Debatte über die Richtung der Partei deshalb erneut aufbrechen – und sich auch auf das Wahlergebn­is von Parteichef Tino Chrupalla auswirken.

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FOTO: DPA Der rechtsextr­eme Björn Höcke spaltet die AFD.

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