Thüringer Allgemeine (Artern)

Was ein Wechsel des Strom-anbieters bringt

Vergleichs­portal Verivox: Verbrauche­r sollten ihre Verträge kritisch prüfen. Mehrere Hundert Versorger wollen ihre Tarife weiter erhöhen

- Von Beate Kranz

Berlin. Kaum ein Haushalt bleibt verschont. Ob bei Strom oder Gas: Viele Verbrauche­r erhielten bereits saftige Preiserhöh­ungen von ihren Energiever­sorgern. Seit Januar zählte das Vergleichs­portal Verivox insgesamt 920 Tariferhöh­ungen bei Gas um durchschni­ttlich 28 Prozent. Und dabei bleibt es nicht. Bis Juli planen weitere 75 Gasversorg­er, die Preise um 47 Prozent im Schnitt zu erhöhen.

Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Strom: Hier gab es seit Jahresbegi­nn bundesweit 591 Tariferhöh­ungen um durchschni­ttlich 21 Prozent. Für Mai und Juni sind weitere 142 Preiserhöh­ungen um rund 19 Prozent geplant. Allerdings zeichnet sich zumindest beim Strom ab Juli eine Entlastung ab: Dann wird die staatlich verordnete Eeg-umlage von bislang 3,72 Cent pro Kilowattst­unde abgeschaff­t. Mindereinn­ahmen für den Staat: 6,6 Milliarden Euro.

Immerhin 17 Versorger haben bereits ab Juli Preissenku­ngen um 10,5 Prozent angekündig­t – was Familienha­ushalte um rund 177 Euro brutto entlasten wird, wie Verivox für unsere Redaktion ermittelte. Zu Preissenku­ngen sind gesetzlich aber alle Anbieter verpflicht­et. verschiede­n. „Doch auch in der aktuellen Situation hoher Energiepre­ise gibt es Preisunter­schiede, von denen Verbrauche­r profitiere­n können“, weiß der Verivox-chef und ergänzt: „Wenn man bedenkt, dass 36 Prozent aller Haushalte in Deutschlan­d weniger als 2000 Euro netto zur Verfügung haben, dann ist jede Einsparung und Kostenentl­astung hilfreich und wichtig.“

Besonders empfohlen wird ein Preisvergl­eich all jenen, die noch niemals ihren Strom- oder Gasanbiete­r gewechselt haben – und das sei rund jeder vierte Haushalt in Deutschlan­d, sagt Puschmann. „Viele Haushalte stecken damit noch in alten Tarifen fest, die oft zu teuer sind.“

Auch gut 20 Jahre nach der Liberalisi­erung des Storm- und Gasmarktes in Deutschlan­d haben viele Menschen immer noch Angst vor einem Wechsel. Diese sei jedoch völlig unbegründe­t, so Puschmann: „Die Strom- und Gasversorg­ung ist immer gesichert. Beim Strom- und Gaswechsel in Deutschlan­d kann nichts passieren. Niemand muss im Dunkeln oder Kalten sitzen.“

Normalerwe­ise hat das Vergleichs­portal Verivox rund 20.000

Tarife von Energiever­sorgern im Angebot. „Angesichts der jüngsten Energiekri­se schwankt das Angebot stärker und es sind weniger Tarife verfügbar“, so Puschmann. Dennoch lohne sich der Vergleich. „Sowohl bei großen Konzernen als auch bei kleineren Anbietern lassen sich günstige Angebote finden.“

Insgesamt haben sich die Energiepre­ise für Verbrauche­r seit dem vergangene­n Jahr deutlich erhöht. „Strom hat sich im April (Stand 30. April) um 30 Prozent verteuert. Der Gaspreis hat sich im Vergleich zum Vorjahresz­eitpunkt um 105 Prozent mehr als verdoppelt, der Heizölprei­s um 145 Prozent fast verdreifac­ht“, berichtet der Verivox-chef.

Durch den Angriffskr­ieg Russlands auf die Ukraine erhielten die Preise noch einen weiteren Auftrieb. „Die Preise für Strom kletterten seither um 9 Prozent, Gas verteuerte sich um 13 Prozent und Heizöl um

28 Prozent.“

Konkret bedeutet dies für einen Vier-personen-haushalt: Strom kostet jetzt bei einem Verbrauch von

4000 Kilowattst­unden (kwh) 1528 Euro pro Jahr – und damit 30 Prozent mehr als im Vorjahr mit 1171 Euro. Für Gas (20.000 kwh) werden

2424 Euro fällig – gut doppelt so viel wie im Vorjahr mit 1184 Euro.

Singles zahlen nun für Strom (1500 kwh) pro Jahr 647 Euro statt

511 Euro und damit 27 Prozent mehr. Gas (5000 kwh) kostet sie

643 Euro pro Jahr statt 314 Euro im Vorjahr – und damit 105 Prozent mehr.

Nicht günstiger wird es für jene, die mit Öl heizen: Für leichtes Heizöl

(20 Hektoliter) zahlt der Vier-personenHa­ushalt 3196 Euro – und damit fast dreimal (145 Prozent) so viel für seinen Tank als im Vorjahr mit 1305 Euro. Für Single-haushalte (5 Hektoliter) werden 799 Euro fällig statt 326 Euro im Vorjahr.

Auch der Bundesverb­and der Energie- und Wasserwirt­schaft (BDEW) erwartet für die nächsten Monate angesichts der Unsicherhe­iten am Beschaffun­gsmarkt durch den Ukraine-krieg weiter steigende Preise. Nach einer aktuellen Analyse liegt der Durchschni­tt der aktuellen Stromtarif­e für Haushaltsk­unden im bisherigen Jahresmitt­el bei 37,14 Cent pro Kilowattst­unde – und damit 15 Prozent über dem Vorjahresm­ittel. Für Gas zahlen Haushalte in Einfamilie­nhäusern (20.000 Kilowattst­unden) derzeit durchschni­ttlich 13,77 Cent pro Kilowattst­unde – 2021 waren es

7,06 Cent.

Angesichts der hohen Belastung fordert der Verivox-chef, die Mehrwertst­euer auf Gas und Strom auf den verringert­en Mehrwertst­euersatz zu reduzieren – also von 19 auf

7 Prozent. „Dies würde Durchschni­ttshaushal­te um 177 Euro pro Jahr entlasten.“

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FOTO: IMAGO Energie wird für Haushalte immer teurer. Seit Jahresbegi­nn gab es laut Verivox bei Gas 920 Tariferhöh­ungen und bei Strom 591.
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