Wie Erdwärme viele Wohnungen heizen könnte
Wissenschaftler sehen ein riesiges Potenzial für Geothermie. Die Energiekrise erhöht das Interesse – doch es gibt Hindernisse
Berlin. Angst vor einer kalten Wohnung im Winter müssen die Einwohnerinnen und Einwohner der isländischen Hauptstadt Reykjavík selbst in politischen Krisenzeiten nicht haben. Ihre Heizung wird von der Erde selbst genährt. Heiße Quellen speisen das System.
Das funktioniert auch an manchen Orten Deutschlands schon seit langer Zeit. In Aachen zum Beispiel sind bereits im Jahr 69 nach Christus Gebäude mit Thermalwasser beheizt worden. Gesundheitstouristen schätzen Thermalbäder auch in Südwestdeutschland. Doch als Ersatz für Gasheizungen spielte Geothermie bislang in den meisten Regionen nur eine Nebenrolle.
Das könnte sich bald ändern. Darauf drängt zum Beispiel eine Forschergruppe verschiedener Fraunhofer-institute und der Helmholtzgemeinschaft. Sie haben kürzlich einen Fahrplan zur verstärkten Nutzung von Erdwärme veröffentlicht. „Das Potenzial in Deutschland ist von bemerkenswerter Größe“, heißt es in dem Bericht. 300 Terawattstunden Energie im Jahr könnten den Angaben zufolge gewonnen werden. Das entspricht einem Viertel
des deutschen Wärmebedarfs.
Es wäre auch ein Segen für den Klimaschutz. Denn mehr als die Hälfte des Energieverbrauchs wird für die Wärmeerzeugung genutzt. Nur 15 Prozent davon stammen bisher aus erneuerbaren Quellen.
Happige Gaspreise und Angst vor Engpässen steigern Nachfrage
Bisher deckt nur ein kleiner Teil der Haushalte seinen Wärmebedarf mit der schier unerschöpflichen Energie der Tiefe. „Der Markt ist von Einfamilienhäusern geprägt“, sagt André Deinhardt, Chef des Bundesverbands Geothermie. Derzeit seien hierzulande etwa 400.000 Anlagen in Betrieb. Die happigen Preise für Gas und die durch den Krieg in der Ukraine drohenden Versorgungsengpässe sorgen für eine rasant steigende Nachfrage. „Die Kunden rennen den Betrieben die Bude ein“, berichtet Deinhardt. Vor wenigen Jahren mussten die Firmen noch um jeden kleinen Auftrag kämpfen.
Die Funktionsweise der Geothermie ist leicht zu verstehen. Die Energie steckt im Inneren der Erde. Je tiefer es dort hineingeht, desto höher ist die Temperatur. Im Durchschnitt steigt sie alle 100 Meter um drei Grad Celsius. Diese Wärme wird an