Handwerk beklagt Unsicherheit
Auftragseingang im Baugewerbe eingebrochen. Familienbetrieb legt Investition vorerst auf Eis
Im Thüringer Handwerk ist zu Jahresbeginn kaum eine Prognose zur wirtschaftlichen Entwicklung möglich. Es dominiere vor allem ein tiefgreifende Verunsicherung, bestätigte der Präsident des Thüringer Handwerkstages, Stefan Lobenstein, gestern in Erfurt.
Nach mehr als zwei Jahren pandemiebedingter Einschnitte hätten die Handwerker eigentlich auf den Aufschwung gehofft. Doch die Folgen des Krieges in der Ukraine seien überall zu spüren. Gestiegene Preise für Energie und Material sowie höhere Personalkosten drängten Firmen an den Rand der Existenz.
Die Kaufzurückhaltung der Kunden sei überall spürbar. „Wenn beim Bäcker nur noch Brötchen gekauft werden und nicht mehr der Kuchen, dann treibt das in den nächsten Monaten vielen Unternehmern die Sorgenfalten auf die Stirn“, erklärte der Handwerkschef. Einige Bäcker hätten in den letzten Monaten bereits ihr Geschäft aufgegeben. Eine Weitergabe der gestiegenen Kosten im vollen Umfang an die Kunden sei nicht möglich.
Hinzu kommen im Baugewerbe, in der Pandemie noch eine Stütze der Konjunktur im Handwerk, ausbleibende Auftragseingänge. „Baubetriebe in ganz Thüringen melden eine spürbare Zurückhaltung bei neuen Aufträgen, weil die Kunden ihr Geld zusammenhalten oder sich angesichts gestiegener Zinsen und Preise sich das Vorhaben schlicht nicht mehr leisten können“, bestätigte Lobenstein.
Arbeiten im Bestand, etwa bei der energetischen Sanierung würden noch fortgesetzt, sagte Thomas Malcherek,
Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Erfurt. Es fehlten aber die Folgeaufträge. „In den nächsten Monaten gehen vermutlich auch die öffentlichen Aufträge aus den Kommunen für Baufirmen zurück“, so Malcherek.
Die von der Politik beschlossenen Preisbremsen bei Strom und Gas gingen in die richtige Richtung, so Lobenstein. Allerdings könnte für einige Betriebe die Liquidität in den ersten beiden Jahresmonaten dennoch brenzlig werden, das müsse man im Auge behalten.
Sie habe eine für dieses Jahr geplante Investition – für die sie sogar bereits eine Förderzusage der Thüringer Aufbaubank erhalten hat – in ihren Familienbetrieb zunächst erst einmal auf Eis gelegt, bestätigte die Inhaberin der Bodemühle Redemann in Bischofferode Ute Böhme. „Wir denken im Moment darüber nach, in erneuerbare Energien zu investieren“, so Böhme.
Bereits in den zurückliegenden Jahren habe man in kürzere Transportwege innerhalb der Mühle und in energiesparende Motoren für die Fertigung investiert.
In ihrem Unternehmen wird Getreide aus der Region zu Mehl verarbeitet. „Wir beliefern Handwerksbäckereien
in einem Umkreis von 80 bis 100 Kilometern mit unserem Mehl“, sagte Böhme.
Am Betrieb in Bischofferode habe man zudem einen Mühlenladen eröffnet, in dem auch Endverbraucher Mehl aus der Region kaufen können. Gerade in Pandemiezeiten sei davon reichlich Gebrauch gemacht worden. Im Mühlencafé gibt es hausgemachte Kuchen aus firmeneigenen Mehl. Mit 15 Beschäftigten und einem eigenen Fuhrpark betreibt Ute Böhme das Familienunternehmen. Allerdings machten steigende Kosten und zunehmende Bürokratie vieles schwieriger.