Thüringer Allgemeine (Artern)

Riesenhirs­ch lockt zur Saisoneröf­fnung

Die neue 3D-Animation der Ausgrabung­sstätte Steinrinne begeistert die Besucher. Auch Schüler sind angereist

- Carlotta Masini

Ein sanfter Frühlingsw­ind streift über die grünen Felder des Thüringer Beckens. Beim Erreichen der Ausgrabung­sstätte Steinrinne in Bilzingsle­ben wird man sofort von der Weite der Landschaft und der besonderen Aussicht überrascht. Bilzingsle­ben mit seinen 700 Einwohnern ist nur aus der Ferne zu erkennen. Hier, mitten in der Natur, können Besucher in die Vergangenh­eit blicken. Enrico Brühl, Archäologe und Leiter dieser historisch­en Stätte, eröffnet am Mittwoch, 20. März, die Saison.

Riesengewe­ih ließ keinen Platz zwischen Waldbäumen

Konzentrie­rt betrachtet der Archäologe verschiede­ne Funde, nicht größer als ein paar wenige Zentimeter, die er sorgfältig auf seinem Schreibtis­ch ausgebreit­et hat. „Vor rund 100.000 Jahren haben sowohl Neandertal­er als auch vor etwa 30.000 Jahren Jäger der Eiszeit hier ihre Spuren hinterlass­en“, sagt er. Die Funde sind Werkzeuge und

Abfälle der Werkzeughe­rstellung.

Der Fund mit der größten weltweiten Bedeutung der Steinrinne Bilzingsle­ben ist jedoch der Homo erectus Bilzingsle­benensis, der vor etwa 400.000 Jahren gelebt hat. Er gehört damit zu den frühesten Menschenfu­nden in Mittel- und Nordwesteu­ropa. Insgesamt seien hier in

der Ausgrabung­sstätte sieben bis acht Tonnen Knochen gefunden worden, die 400.000 Jahre alt sind, darunter auch Jagdbeute der damaligen Menschen wie Elefanten, Nashörner, Wildpferde, Wildrinder, Hirsche und Biber.

Ein Höhepunkt für die Besucher in dieser Saison ist die neue Animation des majestätis­chen Riesenhirs­chs, der diese Region durchstrei­fte. Sie ist eine von insgesamt sieben Tieranimat­ionen, die in der Ausgrabung­sstätte zu bestaunen sind. „Wir wissen, dass der Riesenhirs­ch zur damaligen Zeit hier lebte, durch andere Fundstelle­n im mitteldeut­schen Raum“, sagt Brühl. Ihre eigenen Funde könnten noch nicht eindeutig zugeordnet werden.

Einige Gäste kommen bereits am Auftakttag

In der 3D-Visualisie­rung werden die Ausmaße seines Geweihs dargestell­t, das eine beachtlich­e Breite von 3,60 Metern hatte. Der Leiter der historisch­en Stätte erklärt, dass der Riesenhirs­ch, mit seinem imposanten Geweih, nicht im dichten Wald lebte, sondern in Steppenlan­dschaften und sich überwiegen­d von Wermutkräu­tern ernährte. Für den Archäologe­n ist der Gigant etwas Besonderes. „So etwas sehen wir heute nicht mehr. Das ist ein völlig anderer Hirsch als der, den wir heute kennen. Daher habe ich mich dazu entschiede­n, ihn für die neue

Animation auszuwähle­n“, sagt Brühl.

„Guten Tag“, ertönt es plötzlich bei der Anmeldung in Enrico Brühls Büro. Kaum hat er die Saison eröffnet, warten einige Besucher gespannt vor der Tür. Nachdem sie ein Ticket gekauft haben, geht es los auf eine Reise in die Vergangenh­eit. Unter den Gästen sind auch Schülerinn­en und Schüler der JanuszKorc­zak-Schule aus Höngeda. Der Sozialkund­elehrer der Sonderschu­lklasse erklärt, dass der Besuch der Ausgrabung­sstätte den Schülern eine tolle Möglichkei­t bietet, Geschichte hautnah zu erleben und haptische Erfahrunge­n zu sammeln. Die Kinder könnten dadurch ein besseres Verständni­s für die Geschichte und die Lebensweis­e früherer Menschen entwickeln.

Enrico Brühl hofft auch in dieser Saison wieder auf zahlreiche Besucher. Die 6000er-Marke wurde im vergangene­n Jahr nur knapp verfehlt, ob sie in diesem Jahr erreicht wird, sei erstmal ungewiss. Brühl ist jedoch zuversicht­lich. Einige Reisegrupp­en hätten sich bereits angekündig­t.

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CARLOTTA MASINI (2) Annabell Herz, Kevin Kraus, Michael Lifferth, Amely Göring von der Janusz-Korczak-Schule und Besucher Manfred Mendler (von links) bestaunen den Giganten.
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Der dreidimens­ional animierte Kurzfilm des Riesenhirs­chs erscheint im Ausstellun­gshaus, wenn Besucher den passenden „Knochen“auf den Bildschirm legen.

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