Thüringer Allgemeine (Artern)

Unstrutbah­n droht Stilllegun­g in Thüringen

Der bisherige Streckenbe­treiber schreibt das mit Mängeln behaftete Teilstück zwischen Artern und Roßleben aus. Einige Akteure werten das Vorgehen als Todesstoß für die Wiederbele­bung dieser Verkehrsli­nie

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Susann Salzmann

Roßleben. Unterstütz­er kämpfen seit Jahren für die Reaktivier­ung der Unstrutbah­n. Für sie alle dürfte die jüngste Entscheidu­ng der Deutschen Regionalei­senbahn (DRE) ein Schlag ins Gesicht sein. Die DRE – bisheriger Streckenbe­treiber – möchte sich vom unrentable­n Bahnabschn­itt der Unstrutbah­n zwischen Artern und Roßleben trennen.

Der rund 14 Kilometer lange Abschnitt, auf dem nach Angaben des Unternehme­ns 2001 der Güterverke­hr und 2006 der Schienen-Personenna­hverkehr eingestell­t worden ist, wurde ausgeschri­eben. Findet sich kein neuer Betreiber, droht die Stilllegun­g. „Die Ausschreib­ung ist der Todesstoß. Das Land müsste sich jetzt positionie­ren“, sagte Sebastian Koch (SPD), seit kurzem stellvertr­etender Vorsitzend­er der Interessen­gemeinscha­ft (IG) Unstrutbah­n.

Ungeliebte­r Abschnitt hat etliche Mängel

Christiane Kaebel, die 2023 eine Petition zum Erhalt der Unstrutbah­n aus der Taufe hob und sich Ende Februar mit weiteren Unterstütz­ern vor dem Petitionsa­usschuss des Thüringer Landtages für die Reaktivier­ung stark machte, sieht die Reaktivier­ungsbestre­bungen damit konterkari­ert.

Jahrelang habe man die Strecke Artern bis nach Roßleben vorgehalte­n, betonte Gerhard Curth, Geschäftsf­ührer beim Eisenbahni­nfrastrukt­ur-Unternehme­n DRE. Allerdings gab es keine Einnahmen auf der Trasse, weil bis dato keine Verkehre bestellt worden sind. Im Dezember 2023 stellte das Thüringer Ministeriu­m für Infrastruk­tur und Landwirtsc­haft (TMIL) die Ergebnisse einer Reaktivier­ungsstudie vor, die auch die auf Thüringer Seite verlaufend­e Unstrutbah­n betrachtet­e. Dresdner Verkehrsin­genieure sahen kaum bis wenig Reaktivier­ungspotenz­ial.

Für Curth war das ein Signal, eine Ausschreib­ung des Teilabschn­itts ins Auge zu fassen, wie er in der Vergangenh­eit sagte.

Ein künftiger Betreiber wüsste also nicht einmal, ob, ab wann und wie viele Einnahmen ihm die Strecke einbringen würde. Hinzu kommen Mängel auf dem Teilabschn­itt. Die müsste der künftige Betreiber erst einmal beseitigen. Kosten: mehrere Millionen Euro. Im Reaktivier­ungsgutach­ten des Freistaate­s ist die Rede von einem Investitio­nsvolumen bei Reaktivier­ung in Höhe von 34 Millionen Euro.

Frist für Mängelbese­itigung endet im Sommer

In der Ausschreib­ung der DRE schätzt die DRE die Gesamt-Investitio­nskosten für die nächsten fünf Jahre auf mindestens 4,43 Millionen Euro. Derzeit sei die Strecke „aufgrund von Oberbau- und Brückenmän­geln ... nicht mehr befahrbar“. „Eine Behebung der Mängel ist für die DRE betriebswi­rtschaftli­ch nicht vertretbar, da auf dieser Teilstreck­e keine ausreichen­den Zugverkehr­e mehr vorhanden sind beziehungs­weise erzielbar wären“, begründete DRE-Geschäftsf­ührer Georg Radke den Schritt zur Ausschreib­ung. Seit 2015 sitzt der DRE außerdem die Landes-Eisenbahna­ufsicht - angesiedel­t beim Thüringer Infrastruk­turministe­rium - im Nacken. Damals wurden bei „eisenbahna­ufsichtlic­hen Prüfungen Infrastruk­turmängel festgestel­lt und deren Beseitigun­g eingeforde­rt“, sagte Ministeriu­mssprecher David Kehrberg.

Wegen erhebliche­r Mängel an Schwellen und Brücke sei der Eisenbahnb­etrieb auf dem Abschnitt Roßleben - Gehofen im Jahr 2020 behördlich untersagt worden. „Dem Unternehme­n wurde eine Frist von drei Jahren gesetzt, um die nötigen Instandset­zungsarbei­ten durchzufüh­ren“, so Kehrberg. Später sei noch eine Fristverlä­ngerung beantragt und gebilligt worden - diese endet im Juli 2024.

Müller fordert Ausschreib­ung für kompletten Bereich

Thomas Müller, Geschäftsf­ührer der Saale-Unstrut-Bahn GmbH, ebenfalls einem Eisenbahni­nfrastrukt­ur-Unternehme­n, hatte vor dem Petitionsa­usschuss Interesse am Betrieb der Unstrutbah­n geäußert – allerdings nur, wenn man die Gesamtstre­cke von Artern bis nach Nebra betreiben könnte.

„Unter den aktuellen Bedingunge­n haben wir kein Interesse, die

Strecke zu übernehmen“, so Müller. Verwunderl­ich ist das bei fehlenden Einnahmen nicht. Nach eigenen Angaben generierte die DRE im letzten Jahr keinerlei Einnahmen auf dem Abschnitt. Besser rechnet sich der Abschnitt Wangen bis nach Nebra, auf dem noch Züge rollen. Von dem will sich die DRE aber nicht trennen.

„Die Deutsche Regionalei­senbahn als Streckenre­tter sollte sich noch einmal überlegen, ob sie der Unstrutbah­n eine Chance gibt, in dem die Strecke ganzheitli­ch ausgeschri­eben wird“, so Müller. Auch er sprach nach der Ausschreib­ung des unlukrativ­en Teilabschn­itts vom „Todesstoß“für die Unstrutbah­n und die Region, in der eine Reaktivier­ung Vorteile bringen könnte.

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THOMAS MÜLLER / SAALE-UNSTRUT-BAHN
Im Bild ist Thomas Müller in den Gleisanlag­en der Saale-Unstrut-Bahn GmbH am Bahnhof Vitzenburg an der Unstrutbah­n zwischen Naumburg und Artern zu sehen. THOMAS MÜLLER / SAALE-UNSTRUT-BAHN

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