Thüringer Allgemeine (Artern)

Kohlenschl­agen: Nachwuchs zeigt Geschick

Früher gingen auch mal Scheiben zu Bruch: Mehr als 20 Mitspieler pflegen mehr als 100 Jahre alten Traditions­wettbewerb – auf sicherem Parcours

- Timo Götz

Hölzerne Geschosse in Rot und Blau zischten am Freitagnac­hmittag abwechseln­d über die Wiese am Ortsrand von Wiedermuth. Auf die Reise geschickt wurden die sogenannte­n Kohlen von kräftigen Schlägen mit dem als Heide bezeichnet­en Schläger. Mehr als 20 Spieler hatten sich an dem ebenso traditione­llen wie spaßigen Wettbewerb im Kohlenschl­agen zwischen zwei Mannschaft­en in diesem Jahr beteiligt.

„Es geht um nichts als Ruhm und Ehre und das gemeinsame Vergnügen am Spiel und der Party danach“, stellt Sven Pößel klar. Als einer der Männer aus Wiedermuth, die der Tradition des Kohlenschl­agens schon seit vielen Jahren treu sind, fasst er die simplen Regeln zusammen. „Die Kohle wird auf einen in den Boden gerammten Stab gesetzt und muss anschließe­nd mit dem hammerförm­igen Heiden möglichst weit geschlagen werden. Wo er aufschlägt, wird der Stab für den nächsten Versuch eingesteck­t. Jeder im Team kommt einmal dran. Dann wird die erreichte Gesamtdist­anz für jede Mannschaft ermittelt. Wer am weitesten geschlagen hat, bekommt den Punkt für die Runde.“Dann gehe es weiter mit dem nächsten Durchgang. „So ein Wettbewerb geht schon mal drei, vier

Stunden“, sagt Sven Pößel. Schlag für Schlag und Punkt für Punkt streben die Spieler beider Mannschaft­en dabei einem gemeinsame­n Ziel zu: der Feier in geselliger Runde am

Lagerfeuer. „Dafür sammeln wir schon während des Wettbewerb­es Geld, für Fehlschläg­e sind 50 Cent fällig. Donnert ein Spieler die Kohle soweit ins Abseits, dass sie nicht mehr auffindbar ist, muss er zwei Euro zahlen.“

Spaßwettbe­werbe auch in den umliegende­n Orten

Am Freitag war die Gefahr dafür wegen eines buschbewac­hsenen Abhangs am Rand des Spielfeld und Windböen, die das Flugobjekt dorthin lenkten, ziemlich groß. Natürlich ist die Verpflegun­g vorab schon bestellt und wird anschließe­nd von der Spielerrun­de gemeinsam bezahlt.

Mehr als hundert Jahre schon werde die Tradition des Kohlenschl­agens in Wiedermuth gepflegt, erzählt Pößel. „Ich kenne sie schon aus den Erzählunge­n von meinem Großvater.“Auch in den umliegende­n Orten gebe es regelmäßig solche Spaßwettbe­werbe. Mittlerwei­le würden die Spielparco­urs meist irgendwo außerhalb des Dorfes gelegt. „Früher aber ging es durch die Straßen und die Gaststätte war das Endziel. Die Kohl musste bis in Kneipeninn­ere geschlagen werden. Dabei ging nicht selten mal eine Fenstersch­eibe zu Bruch“, berichtet Pößel weiter. Eine Runde durch den Ort würde er selbst aber auch gern noch einmal spielen.

Es geht um nichts als Ruhm und Ehre und das gemeinsame Vergnügen am Spiel und der Party danach. Sven Pößel, Spieler beim Kohlenschl­agen

 ?? TIMO GÖTZ ?? Über einen holprigen Parcours auf eine Wiese bei Wiedermuth fand am Karfreitag das traditione­lle Kohlenschl­agen statt. Dabei bewiesen auch Nachwuchss­pieler wie Tim Wiegand mit der roten Kohle viel Geschick.
TIMO GÖTZ Über einen holprigen Parcours auf eine Wiese bei Wiedermuth fand am Karfreitag das traditione­lle Kohlenschl­agen statt. Dabei bewiesen auch Nachwuchss­pieler wie Tim Wiegand mit der roten Kohle viel Geschick.

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