Thüringer Allgemeine (Artern)

Romantisch­e Burgruine lockt Scharen an

Die Ostereiers­uche ist Anlass für viele Familien, auf die Ebersburg zu wandern und Gelegenhei­t für einen Verein, das in tausenden Arbeitsstu­nden Geleistete zu präsentier­en

- Kristin Müller

Die Sache ist doch ganz einfach, erklärt Leonie (4): Nach dem Frühstück ist der Hase durch den Garten gehoppelt, um was zu verstecken. Und nachdem Papa dann das Glöckchen gehört hatte, ging die ganze Familie zum Suchen raus. Nun, am späten Sonntagvor­mittag, kann die Vierjährig­e stolz von einem neuen Roller erzählen, „mit Bremse“. Aber wo sollen jetzt die Eier versteckt sein? Ungeduldig schaut sich Leonie auf der Ebersburg um. Sie sieht viele andere Kinder mit ihren Eltern. Gekommen sind sie an diesem Sonntag alle wegen des Ostervergn­ügens.

In diesem Jahr bei bestem Frühlingsw­etter haben Mitglieder vom Verein für lebendiges Mittelalte­r auf dem Burggeländ­e oberhalb von Herrmannsa­cker Hunderte Eier versteckt. Sie bieten außerdem Getränke und Selbstgeba­ckenes. Während vielen kleinen und großen Gästen ob all dieser Mühen das Osterglück im Gesicht geschriebe­n steht, spricht Hannelore Müller nüchtern von „Öffentlich­keitsarbei­t“, die auch heute vom Verein geleistet werde.

Vereinsmit­glieder leisteten mehr als 100.000 Arbeitsstu­nden

„Nur wer sich hier wohl fühlt, wird sich mit der Burg auch verbunden fühlen. Und diese Menschen braucht es. Denn es muss sich auch jemand um die Burg kümmern, wenn wir nicht mehr sind“, hört man Hannelore Müller, die Vereinsges­chäftsführ­erin, ein paar Sätze später sagen. Wer sie kennt, weiß, wie sehr ihr Herz an diesem Gemäuer hängt. Sie und die anderen Mittelalte­r-Darsteller im Verein hatten Anfang der 2000er-Jahre einen Ort für eigene Veranstalt­ungen gesucht - und mit der Ebersburg eine Lebensaufg­abe gefunden. So klein der Verein mit etwa zwei Dutzend Mitglieder­n stets war, er brachte es auf inzwischen mehr als 100.000 unentgeltl­iche Arbeitsstu­nden. So gelang es, das Denkmal überhaupt wieder sicht- und begehbar zu machen, den weiteren Verfall aufzuhalte­n. Teile der inneren Ringmauer sind inzwischen saniert, manche Fehlstelle­n beseitigt.

Wobei jeder Meter enorm viel kostet: Allein das jüngste Projekt im Südosten über rund 15 Meter Länge verschlang 115.000 Euro. Denn die Mauer ist etwa acht Meter hoch. Die Sanierung hätte noch mehr kosten können, hätten die Vereinsmit

glieder nicht selbst Baufreihei­t geschaffen, nicht selbst Mörtelrest­e und Bewuchs entfernt, nicht unzählige Steine geborgen, um sie wiederzuve­rwenden. „Wir mussten bis heute noch keinen einzigen Stein zukaufen“, sagt Hannelore Müller stolz. Wichtig ebenso sind vom Jobcenter geförderte Stellen.

Die Mauern sind das eine, die Pflege des Geländes das andere: Rasen ist zu mähen, Wege und Absperrung­en sind in Ordnung zu halten, Rosen als natürliche Absperrung zu pflanzen. Es ist eine nie endende Aufgabe. Trotzdem - Hannelore

Müller hält an ihren Träumen fest: Der frühere Palas könnte wiederaufg­ebaut werden, sagt sie. Dann hätte der Verein hier oben endlich auch ein Dach über dem Kopf. Auch will die Geschäftsf­ührerin die Idee nicht verwerfen, dass der Bergfried einmal eine Innentrepp­e und eine überdachte Plattform bekommen könnte und damit ein neuer Aussichtsp­unkt wird. Man müsste nur einen Finanzier haben ...

Immerhin ist die Ebersburg nicht irgendeine Burg in Deutschlan­d, sondern die letzte bundesweit, die als Gesamtanla­ge rein romanisch

ist und nie überformt wurde. Dieses kulturelle Erbe aus dem 12. Jahrhunder­t gelte es zu erhalten, sagt Hannelore Müller und ihre Stimme bekommt einen sehr eindringli­chen Ton: „Die Kinder von heute sollen als Erwachsene mit ihren Kindern auch noch die Ebersburg kennenlern­en können.“

Sie hofft inständig, dass in den Verein weitere Menschen finden, die Spaß am Arbeiten haben. Wobei das eben nicht bedeute, dass jeder sich auch fürs Darstellen des mittelalte­rlichen Lebens begeistern muss, jeder in der Erde auf der Ebersburg

„wühlt“. „Es braucht auch jene, die sich um die Besucher kümmern.“

Neben der Ostereiers­uche wird Walpurgis traditione­ll auf der Ebersburg gefeiert. Auch beteiligt sich der Verein regelmäßig am „Tag des offenen Denkmals“. Der Vater von Leonie, Martin Holzhause, ist überzeugt, dass die Ebersburg noch viel mehr Potenzial hat als Fest- und Veranstalt­ungsort.

Die Vereinsche­fin stimmt zu, muss jedoch angesichts der derzeitige­n Sicherheit­srisiken auf dem Gelände Hoffnungen auf mehr vorerst ausbremsen.

 ?? ?? Viel Spaß beim Ostereiers­uchen hatten Claudia und Martin Holzhause mit ihren Zwillingen Lara und Linda (2) und Leonie (4).
Viel Spaß beim Ostereiers­uchen hatten Claudia und Martin Holzhause mit ihren Zwillingen Lara und Linda (2) und Leonie (4).
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KRISTIN MÜLLER (3) Vereinsges­chäftsführ­erin Hannelore Müller ist auf der Ebersburg von Beginn an die treibende Kraft.
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Wer am schnellste­n auf dem Burggeländ­e war, hatte beim Ostereiers­uchen die besten Chancen.

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