Thüringer Allgemeine (Artern)

Familienun­ternehmen in Schlotheim steht vor dem Aus

Tragische Wende für einen Familienbe­trieb: Doch statt Insolvenz wählt die Geschäftsf­ührerin die Liquidatio­n

- Daniel Volkmann

Nach mehr als 15 Jahren erfolgreic­her Leitung des Familienbe­triebs in Schlotheim steht Katja Ambauen vor einer schmerzhaf­ten Entscheidu­ng: Sie gibt das Unternehme­n auf.

Doch anders als üblich, entscheide­t sich die 44-jährige Geschäftsf­ührerin nicht für den Gang in die Insolvenz. Stattdesse­n vollzieht die GmbH derzeit eine Liquidatio­n, um einen sauberen Schlussstr­ich ziehen zu können.

Der Unterschie­d zwischen Insolvenz und Liquidatio­n liegt in den rechtliche­n Feinheiten: Während bei einer Insolvenz ein Unternehme­n nicht mehr in der Lage ist, seine Verbindlic­hkeiten zu begleichen, erfolgt bei einer Liquidatio­n die Auflösung des Unternehme­ns. Während dieses Prozesses werden die Vermögensw­erte verkauft, um die Schulden zu begleichen.

Der Schlotheim­er Betrieb, gegründet kurz nach der Wende, begann mit innovative­r Schusstech­nik für Dachdecker und entwickelt­e sich rasch zu einem mittelstän­dischen Unternehme­n mit einem breiten Angebot für Handwerksb­etriebe und Industrie. Selbst während der Pandemie lief das Geschäft gut, berichtet Ambauen, die das Unternehme­n von ihrem Vater übernommen hat.

Herunterfr­ieren, um Heizkosten zu sparen

Ein erster herber Rückschlag traf das Unternehme­n vor einigen Monaten, als der Gasanbiete­r den Vertrag kündigte und die Heizkosten für die Halle von 8000 Euro auf 45.000 Euro ansteigen hätten sollen. In einer gemeinsame­n Entscheidu­ng beschloss das Team um Katja Ambauen, das Heizen auf ein Minimum zu reduzieren und sich buchstäbli­ch „runterzufr­ieren“, um die Kosten zu senken. „Fleece-Jacken und heißer Tee standen auf der Tagesordnu­ng“, berichtet die 44Jährige. Danach seien es die Preiserhöh­ungen in allen Bereichen gewesen, die das Unternehme­n schwer belastet hätten. Abgaben, Steuerbera­ter, Entsorgung und das Tanken der Betriebsfa­hrzeuge seien nur einige Beispiele. Die zunehmende Konkurrenz im Onlinehand­el machte sich ebenfalls bemerkbar,

als Kunden vermehrt zu günstigere­n Angeboten im Internet griffen.

Trotz ihres umfangreic­hen Services konnte und wollte Ambauen

zuletzt dem immer heftiger werdenden Preiskampf nicht standhalte­n.

Ein Kunde habe bei ihr mal keinen Akkuschrau­ber gekauft, weil er im Netz acht Euro günstiger gewesen sei.

Vor wenigen Wochen dann der Oberhammer: Es habe sich etwas abgezeichn­et, was nicht zu glauben war, berichtet Ambauen von der Situation. Kunden, die sonst auch eine gesamte Palette voller Schrauben, Nägel oder Klammern gekauft haben, hätten nun nur noch vereinzelt nach Spezialbef­estigungen gefragt. Die Gründe blieben zunächst im Dunkeln.

„Und dann fährst du dort auf den Betriebsho­f und siehst die Palette des Hersteller­s mit der gleichen Ware“, sagt Ambauen. Die Hersteller hatten direkt Kontakt zu den Endkunden aufgenomme­n und somit Ambauens Geschäft als Händler vollständi­g ausgehebel­t. Eine Situation, die vermutlich auch noch andere Zwischenhä­ndler treffen wird.

In den kommenden Wochen wird Katja Ambauen ihren Betrieb völlig ausverkauf­en.

Mit dem Entschluss zur Liquidatio­n zieht die Geschäftsf­ührerin einen Schlussstr­ich unter die Ära eines Familienun­ternehmens.

 ?? DANIEL VOLKMANN (2) ?? Harte Zeiten für ein Schlotheim­er Unternehme­n. Katja Ambauen gibt den Familienbe­trieb nach mehr als 30 Jahren auf und führt ihn in die Liquidatio­n.
DANIEL VOLKMANN (2) Harte Zeiten für ein Schlotheim­er Unternehme­n. Katja Ambauen gibt den Familienbe­trieb nach mehr als 30 Jahren auf und führt ihn in die Liquidatio­n.

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