Familienunternehmen in Schlotheim steht vor dem Aus
Tragische Wende für einen Familienbetrieb: Doch statt Insolvenz wählt die Geschäftsführerin die Liquidation
Nach mehr als 15 Jahren erfolgreicher Leitung des Familienbetriebs in Schlotheim steht Katja Ambauen vor einer schmerzhaften Entscheidung: Sie gibt das Unternehmen auf.
Doch anders als üblich, entscheidet sich die 44-jährige Geschäftsführerin nicht für den Gang in die Insolvenz. Stattdessen vollzieht die GmbH derzeit eine Liquidation, um einen sauberen Schlussstrich ziehen zu können.
Der Unterschied zwischen Insolvenz und Liquidation liegt in den rechtlichen Feinheiten: Während bei einer Insolvenz ein Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, seine Verbindlichkeiten zu begleichen, erfolgt bei einer Liquidation die Auflösung des Unternehmens. Während dieses Prozesses werden die Vermögenswerte verkauft, um die Schulden zu begleichen.
Der Schlotheimer Betrieb, gegründet kurz nach der Wende, begann mit innovativer Schusstechnik für Dachdecker und entwickelte sich rasch zu einem mittelständischen Unternehmen mit einem breiten Angebot für Handwerksbetriebe und Industrie. Selbst während der Pandemie lief das Geschäft gut, berichtet Ambauen, die das Unternehmen von ihrem Vater übernommen hat.
Herunterfrieren, um Heizkosten zu sparen
Ein erster herber Rückschlag traf das Unternehmen vor einigen Monaten, als der Gasanbieter den Vertrag kündigte und die Heizkosten für die Halle von 8000 Euro auf 45.000 Euro ansteigen hätten sollen. In einer gemeinsamen Entscheidung beschloss das Team um Katja Ambauen, das Heizen auf ein Minimum zu reduzieren und sich buchstäblich „runterzufrieren“, um die Kosten zu senken. „Fleece-Jacken und heißer Tee standen auf der Tagesordnung“, berichtet die 44Jährige. Danach seien es die Preiserhöhungen in allen Bereichen gewesen, die das Unternehmen schwer belastet hätten. Abgaben, Steuerberater, Entsorgung und das Tanken der Betriebsfahrzeuge seien nur einige Beispiele. Die zunehmende Konkurrenz im Onlinehandel machte sich ebenfalls bemerkbar,
als Kunden vermehrt zu günstigeren Angeboten im Internet griffen.
Trotz ihres umfangreichen Services konnte und wollte Ambauen
zuletzt dem immer heftiger werdenden Preiskampf nicht standhalten.
Ein Kunde habe bei ihr mal keinen Akkuschrauber gekauft, weil er im Netz acht Euro günstiger gewesen sei.
Vor wenigen Wochen dann der Oberhammer: Es habe sich etwas abgezeichnet, was nicht zu glauben war, berichtet Ambauen von der Situation. Kunden, die sonst auch eine gesamte Palette voller Schrauben, Nägel oder Klammern gekauft haben, hätten nun nur noch vereinzelt nach Spezialbefestigungen gefragt. Die Gründe blieben zunächst im Dunkeln.
„Und dann fährst du dort auf den Betriebshof und siehst die Palette des Herstellers mit der gleichen Ware“, sagt Ambauen. Die Hersteller hatten direkt Kontakt zu den Endkunden aufgenommen und somit Ambauens Geschäft als Händler vollständig ausgehebelt. Eine Situation, die vermutlich auch noch andere Zwischenhändler treffen wird.
In den kommenden Wochen wird Katja Ambauen ihren Betrieb völlig ausverkaufen.
Mit dem Entschluss zur Liquidation zieht die Geschäftsführerin einen Schlussstrich unter die Ära eines Familienunternehmens.