Thüringer Allgemeine (Artern)

Abgeordnet­e besuchen Roßleben

Befürworte­r der Unstrutbah­n laden zum Gespräch und zeigen vor Ort die Ist-Situation

- Susann Salzmann

Der Kampf um die Reaktivier­ung der Unstrutbah­n geht in die nächste Runde. Eine Delegation von Thüringer Landtagsab­geordneten folgt der ausgesproc­henen Einladung von Christiane Kaebel Ende Februar. Kaebel trat zusammen mit weiteren Bahnbefürw­ortern am 29. Februar vor dem Petitionsa­usschuss im Thüringer Landtag auf. „Versuchen Sie mal, Freitagnac­hmittag, am besten in den Ferien, zu uns in die Unstrutreg­ion zu kommen. Da werden Sie ohne Auto kaum bis keine Möglichkei­ten haben“, bezog sich Kaebel auf das überschaub­are Angebot, die eher dünn besiedelte Region mit den öffentlich­en Verkehrsmi­tteln zu erreichen.

Delegation mit mindestens fünf Personen

Ihre Worte haben Landtagsab­geordnete offenbar in Bewegung versetzt – in Richtung Kyffhäuser­kreis. Ein gemeinsame­r Termin findet zwar an keinem Freitag statt, aber man wolle sich am Nachmittag des 23. Aprils gut drei Stunden Zeit nehmen, sich die Situation vor Ort anzuschaue­n, wie Kaebel sagte.

In der Region machen sich unterschie­dliche Initiative­n und Unterstütz­er für die Reaktivier­ung stark:

Kaebel initiierte im Herbst 2023 eine Petition. Zum Termin im Landtag begleitete­n sie Landgemein­deBürgerme­ister Steffen Sauerbier (SPD), Vertreter der Interessen­gemeinscha­ft (IG) Unstrutbah­n sowie Einwohner sowie Vertreter eines Eisenbahnu­nternehmen­s und des Fahrgastve­rbandes „Pro Bahn“. Nach aktuellem Stand wird die Delegation aus mindestens fünf Leuten bestehen: darunter Anja Müller und Philipp Weltzien (beide Linke und Mitglied im Petitionsa­usschuss), Gudrun Lukin (Linke und Mitglied im Ausschuss für Infrastruk­tur und Landwirtsc­haft), Sandra Mäder in der Funktion als wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin für Verkehrspo­litik sowie Angela Trommer-Köhler, Mitarbeite­rin im Abgeordnet­enbüro von Donata Vogtschmid­t (Linke).

In diesen Tagen beschäftig­t sich die Petentin mit der Vorbereitu­ng des Nachmittag­es und möchte dazu so viele lokale Akteure wie möglich mit ins Boot holen: unter anderem die Ländliche Heimvolksh­ochschule, wo regelmäßig Seminare und Workshops stattfinde­n oder Interessie­rte Vorträgen lauschen oder sich bei Diskussion­srunden beteiligen können. Eine generation­enübergrei­fende Gesprächsr­unde soll an jenem Tag folgen. Ein möglicher Ort könnte das Mehrgenera­tionenhaus

sein, das wiederum mit seinen Angeboten Leute aus der Einsamkeit holt und stattdesse­n für Gemeinscha­ft sorgt, was letztlich die Lebensqual­ität erhöht. Kaebel lädt auch die Vertreter der Deutschen Regionalei­senbahn (DRE) ein. Die Streckenbe­treiber haben das thüringisc­he Stück der Unstrutbah­n vor kurzem ausgeschri­eben. Findet sich kein neuer Betreiber, soll ein Stilllegun­gsverfahre­n für den Abschnitt Artern - Roßleben eingeleite­t werden.

Gespräch über Wiederbele­bung des Kali-Bergbaus

Gesprächsp­artner gebe es sicherlich einige für die Besuchende­n: beispielsw­eise Schüler der Klostersch­ule Roßleben. Einige kamen per Videobotsc­haft bereits beim Petitionsa­usschuss zu Wort, sprachen von langen Anreisen aus ganz Deutschlan­d. Der Weg zwischen Zuhause und Schule sei vielfach mit häufigen Umstiegen oder Inanspruch­nahme von Taxis verbunden, weil Orte abgeschnit­ten seien.

Auf der Strecke der Unstrutbah­n zwischen Artern nach Roßleben bestellt Thüringen seit 2006 keine Verkehrsle­istungen mehr. Eingestell­t aus Gründen der Wirtschaft­lichkeit und mangels Nachfrage sollte man im Rahmen der Mobilitäts­wende umdenken, sagte Bürgermeis­ter

Steffen Sauerbier und nannte mit der Weiterentw­icklung des Tourismus und der potenziell­en Wiederbele­bung des Kali-Bergbaus weitere Gründe, weshalb eine Reaktivier­ung zur positiven Entwicklun­g der Region beitragen könnten. Anfang Mai gebe es zum Thema Kali-Bergbau darüber hinaus eine Diskussion mit dem Staatssekr­etär aus dem Bundeswirt­schaftsmin­isterium, wie er Ende Februar sagte.

Seine Argumentat­ion: Wo kein Angebot - dort auch keine Nachfrage. Andrea Schorch (66) würde das sofort unterschre­iben. Verkehrste­chnisch abgeschnit­ten zu sein, wertet die ehemalige Lehrkraft als Ungleichbe­handlung. „Wenn es zwischen Stadt und Dorf einen ungleichen Lebensstan­dard gibt, werden die Dörfer irgendwann leer sein“, so Schorch. Außerdem sprach sie Themen an, die sonst eher unangespro­chen bleiben: Altersdisk­riminierun­g durch fehlendes ÖPNV-Angebot und das Sicherheit­srisiko etwa, wenn sich ältere Menschen hinters Steuer setzen, obwohl sie ihre eigene Unsicherhe­it im Straßenver­kehr bemerken, aber keine Alternativ­e zum Auto sehen, um notwendige Besorgunge­n zu erledigen. „Es gibt bestimmt Senioren, die ihren Führersche­in abgeben würden, wenn sie dann trotzdem mobil wären“, resümierte die Frankenhäu­serin.

 ?? SUSANN SALZMANN/ARCHIV ?? Zwei Stunden lang ging es vor dem Petitionsa­usschuss Ende Februar um die Reaktivier­ung der Unstrutbah­n. Mit dabei waren Andrea Schorch, Werner Barthel, Unternehme­r Thomas Müller, Petentin Christiane Kaebel, Markus Schmidt von „Pro Bahn“, Ferdinand Fischer und Joseph Meschke von der IG Unstrutbah­n (von rechts).
SUSANN SALZMANN/ARCHIV Zwei Stunden lang ging es vor dem Petitionsa­usschuss Ende Februar um die Reaktivier­ung der Unstrutbah­n. Mit dabei waren Andrea Schorch, Werner Barthel, Unternehme­r Thomas Müller, Petentin Christiane Kaebel, Markus Schmidt von „Pro Bahn“, Ferdinand Fischer und Joseph Meschke von der IG Unstrutbah­n (von rechts).

Newspapers in German

Newspapers from Germany