Darum sieht eine Arterner Apothekerin Rot
Engel-Apotheke beteiligt sich beim landesweiten Protest. Bürokratie, Personalmangel und Lieferengpässe zehren an den Ressourcen
Rote Schaufenster mit eindringlichen Botschaften haben bei manchem in der Arterner Innenstadt am Mittwoch für Aufmerksamkeit gesorgt. Die Engel-Apotheke hat sich an den Apotheker-Protesten beteiligt. Nachmittags wurden Medikamente nur noch über die Notdienstklappe ausgegeben.
„Bürokratie, Lieferengpässe und Personalmangel machen uns kaputt“, betonte Kristina Fliege als Inhaberin der Engel-Apotheke. In allen drei Bereichen gibt es Handlungsbedarf, damit das Apothekensterben nicht weiter zunimmt und das ohnehin schon dünner gewordene Netz nicht noch weiter ausdünnt. Die Bürokratie habe in den letzten Jahren zugenommen. Wöchentlich rund 40 Stunden würden ins Abarbeiten bürokratischer Aufgaben investiert, erzählte sie. Das ERezept trage nicht zu einer Entlastung des Arbeitsaufkommens bei.
Darüber hinaus ist die 47-Jährige regelmäßig mit der Suche nach Apothekern oder Pharmazieingenieuren beschäftigt – nur die beiden Berufsgruppen dürfen nach Gesetzeslage den Bereitschaftsdienst ableisten. Je ländlicher, umso schwerer sei es oftmals, Fachkräfte zu bekommen und langfristig zu halten. Die einzige in ihrem insgesamt 13köpfigen Team, die aktuell Bereitschaftsdienste
von Freitagabend 18 Uhr bis Montagmorgen ableisten könne, sei Fliege selbst, erzählte sie. Im Schnitt halte sie jede siebte Woche übers Wochenende die Arzneimittelversorgung für Notfälle im östlichen Kyffhäuserkreis aufrecht. Das ist eine hohe Belastung – ihren Kollegen ergeht es oft nicht besser.
Optimal wären drei, vier Apotheker oder Pharmazieingenieure. Dafür, dass diese Situation eintritt, müsse sich aber einiges ändern: neben mehr Studienplätzen und eventuell mehr Hochschulstandorten bräuchte es eine Anpassung der Honorare, idealerweise analog zur Inflationsrate. Bei den Lieferengpässen sei die Lage „gleichbleibend schlecht“. Derzeit fehlt mit einem speziellen Asthma-Spray ein lebenswichtiges Medikament. Das sei die nächsten drei Monate nicht lieferbar, schilderte sie die Situation. Alternativprodukte gibt es kaum. In der Frage, warum sich die Lage bei den Engpässen nicht verbessert, hat die Apothekerin eine Vermutung: „Vielleicht ist Deutschland kein lukrativer Markt“, sagte sie.
Obendrauf wurde nun durch ein Gerichtsurteil die Höhe von maximalen Rabatten auf 3,15 Prozent beschränkt. Laut Thüringer Apothekerverband könnte das bei einer „typischen Apotheke in Thüringen“zu Einbußen von rund 20.000 Euro pro Jahr führen.