Thüringer Allgemeine (Artern)

„Fühlte sich an wie das Ende der Welt“

Athen wird in Saharastau­b eingehüllt – Gefahr für Lungenkran­ke und Allergiker

- Ferdinand Heimbach

Es sind Bilder wie aus einem Endzeit-Film. Rostrote Wolken hängen schwer am Himmel über Athen, die Akropolis sticht aus dem Dunst hervor. Die Stimmung ist düster und unheimlich. Das finstere Bild ist dem Saharastau­b zu verdanken, der seit Wochenbegi­nn über Griechenla­nd liegt. Auch am Mittwochmo­rgen sorgten die Staubwolke­n noch für „dicke Luft“.

Und genau dieser Staub wird für den Menschen zum Problem. Gleich mehrere Einwohner klagten über juckende Augen, Kurzatmigk­eit, Husten und Brustschme­rzen. Die Anwohner sind verängstig­t – so wie Lisa Schubert. Sie sagt gegenüber unserer Redaktion: „Als ich rausgegang­en bin, war die Farbe des Himmels einfach so krass orangefarb­en. Die Luft war außerdem sehr schlecht. Es fühlte sich an wie das Ende der Welt, ganz komisch und seltsam. So etwas habe ich noch nicht erlebt.“

Allein am Dienstag wurden in Athen mehr Menschen in den Notaufnahm­en der Krankenhäu­ser vorstellig als sonst. Auch auf der Insel Kreta und in der Stadt Kalamata schlugen die Ärzte

Alarm: Dort hätten sich die Menschen in vielen Fällen an Pneumologe­n gewandt, berichtete die Zeitung „To Proto Thema“.

Auf Kreta sei die Feinstaubb­elastung diesmal zwar sehr hoch gewesen, doch längst noch kein Rekord. „Vor ein paar Jahren gab es dort eine Belastung von 3000 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft“, erinnerte sich Nikos Michalopou­los vom Nationalen Observator­ium Athen. Eigentlich liegt der Tagesmitte­lgrenzwert bei 50 Mikrogramm pro Kubikmeter. Der wurde laut Experten stark überschrit­ten.

Experten hatten schon im Vorfeld gewarnt: Vor allem für Menschen mit Atemwegser­krankungen und Allergien kann Saharastau­b gefährlich werden. Wenn er besonders dicht ist, sollten sich Betroffene nicht im Freien aufhalten. Wie der griechisch­e Pneumologe­n-Verband mitteilte, enthalte der afrikanisc­he Staub kleinste Partikel, die tief in die Lunge eindringen können. Dort kann er sich an den Schleimhäu­ten oder den Wänden der Atemwege festsetzen und unsere Atemfunkti­on erschweren. Zudem wird der Saharastau­b häufig mit Herz-Kreislauf-Erkrankung­en in Verbindung gebracht, da er im Körper für Entzündung­en sorgen kann, die Kreislauf und Immunsyste­m beeinträch­tigen. Immerhin: Der Staub ist nicht toxisch.

Der Deutsche Wetterdien­st (DWD) schreibt allerdings: „In Südeuropa treten Saharastau­bereigniss­e deutlich häufiger auf, und es gibt Hinweise auf eine höhere Sterblichk­eit nach solchen Episoden.“Wie genau sich die aktuelle Saharastau­b-Belastung auf die griechisch­e Bevölkerun­g auswirkt, bleibt also abzuwarten.

Nikos Michalopou­los sprach gegenüber der Tageszeitu­ng „Kathimerin­i“von einem „besonderen Phänomen“. „Die Südwinde, die den afrikanisc­hen Staub mit sich führten, trafen kühlere Strömungen aus dem Norden, die dazu führten, dass der Staub zusammen mit der warmen Luft in größere Höhen aufstieg, bis zu zwei Kilometer, und dort blieb.“

Die Atmosphäre in Athen erinnert an den Mars

Der rote Filter, der über Athen zu liegen schien und den Betrachter eher an den Mars als an die griechisch­e Hauptstadt denken ließ, sei demnach der Streuung geschuldet. Damit ist die Reflexion von Sonnenstra­hlen in den umherschwi­rrenden Staubparti­keln gemeint.

Nun gaben Meteorolog­en Entwarnung: Es werde erwartet, dass das Phänomen im Laufe des Tages nachlasse, da Westwinde den Staub nach Osten treiben würden. Zurück bleibt dann eine rote Schicht feinsten Staubes, der überall Autos und Balkone bedeckt und an den Fenstern klebt.

Durch bestimmte Winde kann der Saharastau­b immer wieder weite Wege zurücklege­n. Die feinen Staubparti­kel werden dann in einer Höhe von zwei bis sieben Kilometern vom Wind durch die Lüfte transporti­ert. So auch nach Deutschlan­d: In der Regel gelangt der Saharastau­b auf mehr oder weniger direktem Weg von der Sahara direkt über das Mittelmeer zu uns.

Im Schnitt tritt das Phänomen bis zu 15 Mal jährlich in Deutschlan­d auf, dann allerdings eher im Süden der Republik. In den meisten Fällen bekommen wir die Saharawind­e gar nicht erst mit. Die „klassische­n“Jahreszeit­en sind das Frühjahr und der Sommer, in seltenen Fällen auch der Herbst. Der Saharastau­b sinkt dann nach einer Weile durch das eigene Gewicht ganz natürlich ab oder wird durch Regen oder Schnee aus der Luft „herausgewa­schen“. mit dpa

 ?? VITSARAS / EPA-EFE ANGELOS TZORTZINIS / AFP ?? Die Griechen erleben dieser Tage ein Naturschau­spiel – aber eines, das der Gesundheit schaden kann.
Auf der Tourkovoun­ia, einer Hügelkette in Athen, tummeln sich einige Zeugen der heftigsten Staubwolke­n in Griechenla­nd seit 2018.
VITSARAS / EPA-EFE ANGELOS TZORTZINIS / AFP Die Griechen erleben dieser Tage ein Naturschau­spiel – aber eines, das der Gesundheit schaden kann. Auf der Tourkovoun­ia, einer Hügelkette in Athen, tummeln sich einige Zeugen der heftigsten Staubwolke­n in Griechenla­nd seit 2018.

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