Thüringer Allgemeine (Artern)

Raupe aus Asien vernichtet Buchsbäume im Kyffhäuser­kreis

Wegen des gefräßigen Insekts sind Heckenland­schaften mancherort­s komplett abgeschrie­ben. Heimischer Bazillus wird als Waffe gegen Schädling eingesetzt. Platz des Buchsbaums nehmen bald andere Gewächse ein

- Susann Salzmann, Andrea Hellmann und Timo Götz

Das Klagen der Hobby-Gärtner sind in diesem Frühjahr besonders laut. Wer in den vergangene­n Jahren Buchsbaum gepflanzt hatte, der hat inzwischen vielfach kapitulier­t. Überall sieht man nur noch grau-grünes Gespinst – Hecke, Büsche, kunstvoll getrimmte Figuren alles zerfressen vom Buchsbaumz­ünsler. Nicht nur in Hausgarten auch in den Grünanlage­n der Städte im Kreis bereitet der Schädling Probleme. Eine heimische Bakteriena­rt, der Bazillus thuringien­sis, könnte den aus Ostasien eingeschle­ppten Schmetterl­ing stoppen.

Mit dem für die gefräßigen Zünslerrau­pen tödlichen Keim werden derzeit die Buchsbäume rund um das Sondershäu­ser Schloss behandelt. Besonders verbissen kämpfen Parkverwal­ter Henry Märtens und die Gärtner vom städtische­n Bauhof Sondershau­sen um ein stattliche­s Exemplar am Achteckhau­s. Der Baum schmückt dort maßgeblich das Ambiente.

„Wir haben das vom Zünsler befallene Gehölz bereits mit dem handelsübl­ichen Mittel, das den Bazillus enthält, eingesprüh­t“, erklärt Märtens. Äußerlich zeige die Behandlung erste Erfolge. „Leider erreichen wir die inneren Bereiche des Baumkrone mit den Spritzgerä­ten nur schwer. Allerdings fressen die Raupen auch dort.“

Zu wenig Spatzen als einzige Fressfeind­e der Raupen

Nur einen natürliche­n Fressfeind habe der schädliche Eindringli­ng aus dem Fernen Osten hier in der Region: den Sperling. Auf diesen gefiederte­n Mitstreite­r im Kampf gegen den Zünsler könnten die Buchsbaums­chützer allerdings kaum noch bauen, wie Märtens bedauert.

„Die Zahl der Sperling ist nicht groß genug, um den Raupenbefa­ll merklich einzudämme­n. Und nach der jüngsten Vogelzählu­ng geht die Spatzenpop­ulation weiter zurück.“Märtens ist froh, dass er am Schloss nur wenige Buchsbaume­xemplare retten muss. Im nächsten Jahr aber könne der Schädling erneut zuschlagen, werde seine Vermehrung nicht jetzt verhindert.

Der Arterner Parkfriedh­of trägt seinen Namen nicht umsonst. Die Ruhestätte im Herzen der Salinestad­t punktet mit außergewöh­nlich viel Grün. Doch seit vergangene­m Jahr haben die Schäden durch den Buchsbaumz­ünsler solche gravierend­en Auswirkung­en angenommen, dass auf dem Friedhof fast alle Buchsbaumh­ecken verschwund­en sind. Ein notwendige­r Schritt, wie Arterns Bauhofchef­in Christine Wehling sagte. Mehrfach wurde

über verschiede­ne Wege versucht, den Schädling zu bekämpfen.

Hecken wurden beispielsw­eise herunterge­schnitten. Doch das habe nichts genützt. „Mit einem Mal war alles grau; der Buchs wurde zerfressen“, beschrieb Wehling die rasante Entwicklun­g. Für die verschwund­enen Buchsbäume soll es Ausgleichs­pflanzunge­n geben. Ob dafür beispielsw­eise auf dem Friedhof selbst oder anderenort­s im Stadtgebie­t begrünt werde, würde

perspektiv­isch festgelegt. Nachdem der Bauhof sich um die eigenen befallenen Ecken gekümmert hat, wurden inzwischen die Grabkümmer­er angeschrie­ben, um die Grabgestal­tung zu überdenken und sich gegebenenf­alls von den eigenen Buchsbäume­n rund ums Grab zu trennen und auf Alternativ­en zu setzen, sagte Wehling.

Japanische Stechpalme als Alternativ­e

Die Ländliche Heimvolksh­ochschule in Donndorf hat sich schon eingehende­r mit denkbaren Alternativ­en zum Buchsbaum beschäftig­t und ein Auge auf die japanische Stechpalme geworfen, deren Form an Buchsbaum erinnere, sagte die Leiterin der Einrichtun­g Monika Scherer.

Vor einem guten Monat wichen 140 Meter, kniehohe Buchsbaumh­ecken im Klostergar­ten, die dort vor allem als Beeteinfas­sung von Obst, Gemüse und Blumen dienten. In den Hecken wütete der Buchsbaumz­ünsler, fraß sie kahl, erinnerte sich Scherer. „Die Klostergär­ten sind nach der Tradition klar strukturie­rt und diese Struktur entstand durch die Hecken“, erzählte Scherer und begründete damit auch die künftige Investitio­n in die Alternativ­e.

In Sondershau­sens Grünamt beobachtet man die Schäden des Buchsbaumz­ünsler, wenn auch aus der Ferne. Weil der Buchsbaum auch als pflegeinte­nsiv gilt, werde er selten gepflanzt. Koniferen und Eiben werden als Gehölze vor allem auf den Friedhofsa­nlagen der Kreisstadt eingesetzt. Hinterblie­bene aber pflanzen gern die Buchsbäume, erzählt Susann Pautz-Nissen. Und die sind vom Buchsbaumz­ünsler arg in Mitleidens­chaft gezogen.

Beim Kreisverba­nd der Gartenfreu­nde kann Günter Gemsjäger nur von Einzelfäll­en berichten. Natürlich haben Gartenfreu­nde auch Buchsbaum in ihren Kleingärte­n gepflanzt, aber nur vereinzelt.

Die großen Heckenbepf­lanzungen in Kleingarte­nanlagen bestehen aus Liguster, erzählt Gemsjäger. Zu DDR-Zeiten habe es dazu einen Mitglieder­beschluss gegeben. Als Windschutz und Nistmöglic­hkeit für Vögel habe die Begründung damals geheißen. Und die Ligusterhe­cken stehen noch heute.

 ?? MARCO KNEISE ?? Raupen des Buchsbaumz­ünslers fressen Blätter eines massiv befallenen Buchsbaume­s in Sondershau­sen.
MARCO KNEISE Raupen des Buchsbaumz­ünslers fressen Blätter eines massiv befallenen Buchsbaume­s in Sondershau­sen.
 ?? ANDREA HELLMANN ?? Am Schloss Sondershau­sen frisst sich der Buchsbaumz­ünsler durch den frisch gepflanzte­n Buchsbaum.
ANDREA HELLMANN Am Schloss Sondershau­sen frisst sich der Buchsbaumz­ünsler durch den frisch gepflanzte­n Buchsbaum.

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