Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Ramelow verliert gegen die NPD
Ministerpräsident habe Neutralitätsgebot verletzt. Linke spricht von „Maulkorb“
Weimar. Er wollte nicht länger warten. Nur zwei Stunden, nachdem die Thüringer Verfassungsrichter ihr Urteil gesprochen hatten, stand Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) in der Staatskanzlei – und hielt eine bemüht gelassen wirkende, zehnminütige Erwiderungsrede.
Die Essenz des Monologs: Die Entscheidung sei, zum einen, eine eher sinnvolle „Klarstellung“für die regierungsamtliche Kommunikation mit modernen Medien wie Facebook und Twitter. Zum anderen müsse er jetzt noch einmal für sich selber „sehr gründlich durchdenken“, welche Äußerungen er als Ministerpräsident noch gegenüber der NPD tätigen könne.
Die rechtsextremistische Partei hatte zuvor von acht der neun Verfassungsrichter in Weimar Recht bekommen. Ramelow, urteilten sie, habe das Neutralitätsgebot in seinem Amt als Ministerpräsident verletzt, als er in einem Interview „an alle demokratischen Parteien und ihre Vertreter“appelliert hatte, „dass es wirklich keine Gemeinsamkeiten auf der Basis von NPDAnträgen geben darf“. Damit würden „die Nazis“aufgewertet.
Damit habe er in seiner Regierungsfunktion zulasten der NPD in den politischen Wettbewerb eingegriffen, was unzulässig sei. Erschwerend kam für das Gericht hinzu, dass die Staatskanzlei diese Inhalte auch über die sozialen Netzwerke Facebook und Twitter verbreitete – womit sie erst recht einen amtlichen Charakter erhalten hätten.
Die linke Landeschefin Susanne Hennig-Wellsow bezeich- nete das Urteil als „Maulkorb“. Auch ein Ministerpräsident müsse sich klar in der Auseinandersetzung zur Politik anderer Parteien äußern können.
Ramelow sagte, er beteilige sich nicht an der Diskussion über das Urteil. Er nehme vielmehr den Richterspruch „mit Respekt zur Kenntnis“– wolle aber betonen, dass er als Regierungschef ein Land vertrete, dass in Karlsruhe einen Verbotsantrag gegen die NPD gestellt habe.
Die CDU äußerte Verständnis für das Urteil. Als Parteipolitiker habe Ramelow zahlreiche Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen, sagte der justizpolitische Sprecher Manfred Scherer. „Auf die Ressourcen seines Staatsamtes muss er dabei nicht zurückgreifen.“