Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Zwei Wochen vor „Brexit“-Referendum alles offen
In einer TV-Debatte zwischen Regierungschef Cameron und EU-Gegner Farage gibt es laut britischen Medien keinen Sieger
London. Zwei Wochen vor dem Referendum über einen Austritt Großbritanniens aus der EU hat sich der britische Premierminister David Cameron im Fernsehen den Fragen eines Studiopublikums gestellt, um für den Verbleib zu werben. Zuvor war Nigel Farage, Chef der euroskeptischen Ukip-Partei, in der Sendung aufgetreten, ohne dass sich die beiden Politiker begegnet waren.
In den Augen der britischen Medien konnten bei der Frage- stunde des TV-Senders ITV weder Cameron noch Farage den Eindruck erwecken, als Sieger hervorgegangen zu sein. Cameron habe gewirkt wie ein Vermögensberater, der einem eine überflüssige Versicherung andrehen wolle, schrieb der linksliberale „Guardian“.
Tatsächlich wirkten Camerons Antworten gebetsmühlenhaft. Missliche Fragen räumte er brüsk zur Seite. Die EU sei gut für die britische Wirtschaft und damit gut für das Land. Das Pub- likum machte nicht den Eindruck, als sei es damit zufrieden.
Nigel Farage behauptete, ein Verbleib in der EU könne zu Szenen wie in der Kölner Silversternacht führen, und stellte sich als Opfer einer Verschwörung dar. Das ließ ihn für den konservativen „Telegraph“als „paranoid“erscheinen.
Der Ukip-Chef ist ohnehin nicht der Liebling der Brexit-Befürworter des konservativen Establishments. Er ist vielen zu radikal. Dass Cameron bei dem TV-Auftritt gegen ihn statt gegen den populären Konservativen Boris Johnson antrat, halten daher viele für Taktik. Cameron spekuliere darauf, dass Farage gemäßigte Konservative verschrecke, so der Vorwurf.
Gestern sorgte Europagegner Farage dann für Ärger im Europäischen Parlament. Demonstrativ verließ er mit Hinweis auf den britischen Volksentscheid das Plenum in Straßburg. „Ich hoffe, dass ich hier das letzte Mal in der Eigenschaft als Ver- treter eines Mitgliedsstaates spreche“, sagte Farage.
Zeitgleich mit der TV-Debatte in Großbritannien lief die Frist für die Wählerregistrierung aus. Bis Mitternacht hätten sich Wahlberechtigte auf der Webseite der Wahlkommission eintragen können. Doch zeitweise brach die Seite unter den Aufrufen zusammen. Das zuständige Ministerium teilte mit, es sei wegen eines „nicht da gewesenen Ansturms“zu technischen Problemen gekommen. dpa