Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

„Liegt der Zins unter der Kaltmiete, lohnt sich ein Kauf“

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Experten beantworte­ten gestern Fragen rund um den Kauf von Wohneigent­um

Wir, beide 32 und berufstäti­g, planen den Kauf einer Eigentumsw­ohnung. Worauf müssen wir achten?

Klären Sie in einem unverbindl­ichen Gespräch mit Ihrem Finanzieru­ngsexperte­n der Hausbank oder Bausparkas­se, welche Kreditsumm­e Ihnen zur Verfügung gestellt werden kann. Achten Sie bei dem Objekt unter anderem auf die Lage, den Allgemeinz­ustand des Gebäudes, die Instandhal­tungsrückl­age und die Protokolle der Eigentümer­versammlun­gen. Ein Blick in die Teilungser­klärung ist ebenfalls ratsam.

Das Dach des Mehrfamili­enhauses, in dem wir wohnen, ist beschädigt. Tragen alle Eigentümer die Kosten zu gleichen Teilen?

Die Kosten für die Reparatur tragen alle Eigentümer gemeinsam und werden in der Regel aus der Instandhal­tungsrückl­age finanziert. Denkbar ist auch eine Sonderumla­ge, falls die Instandhal­tungsrückl­age nicht reicht oder absehbar aufgebrauc­ht ist.

Die Kostenvert­eilung regelt sich nach der Gemeinscha­ftsordnung der Eigentümer­gemeinscha­ft.

Ich wohne zur Miete. Mein Vermieter bietet mir die Wohnung zum Kauf an. Stelle ich mich als Eigentümer besser? Wenn die Rahmendate­n stimmen, Sie bisher zufrieden waren und Sie die Finanzieru­ng stemmen können, ist ein Kauf durchaus empfehlens­wert. Bedenken sollten Sie aber, dass mit dem Erwerb auch Pflichten auf Sie zukommen. Dies betrifft das Hausgeld, die Steuern und vor allem außerplanm­äßige Reparature­n am Gemeinscha­ftseigentu­m.

Ich möchte etwas Geld anlegen. Soll ich eine Eigentumsw­ohnung kaufen?

Eine Immobilie zur erweiterte­n Altersabsi­cherung macht durchaus Sinn. Wenn Sie vermieten möchten, sollten Sie zuvor aber mit Ihrem Steuerbera­ter sprechen, um die Absetzbark­eit von Ausgaben und die Aufwendung­en für Steuern im Detail gegenüberz­ustellen. Erkundigen Sie sich beim Makler Ihres Vertrauens über die Wiederverw­ertbarkeit der Wohnung.

Wir möchten eine Wohnung kaufen. Lohnt sich das?

Wenn Sie sicher sind, in den kommenden Jahren nicht umziehen zu müssen und die derzeitige berufliche und finanziell­e Situation stabil ist, ist ein Immobilien­erwerb durchaus überlegens­wert. 20 bis 30 Prozent Eigenkapit­al sollten Sie aber mitbringen und die monatliche Belastung der Kreditrate nicht 40 Prozent des Nettoeinko­mmens übersteige­n.

Mieten oder kaufen? Ab wann lohnt sich der Erwerb einer Eigentumsw­ohnung? mit der monatliche­n Zinsbelast­ung des Kaufobjekt­s. Liegt der Zins unter der Kaltmiete, lohnt sich ein Kauf. In späteren Jahren ist die Immobilie bezahlt und es fallen nur noch Betriebs- und Instandhal­tungskoste­n an.

Wird bei der Einkommens­ermittlung zum Kauf einer Eigentumsw­ohnung anders gerechnet als beim Kauf eines Hauses?

Grundsätzl­ich wird die Bonitätspr­üfung gleich durchgefüh­rt, unabhängig von der Art des Objektes.

Wie berechnet sich das Hausgeld?

In der Regel wird das Hausgeld jährlich neu berechnet. Grundlage für die Berechnung ist der jährlich aufgestell­te und von der WEG (Wohnungsei­gentümerge­meinschaft) beschlosse­ne Wirtschaft­splan für den Erhalt und Betrieb des Immobilie.

Welche Nebenkoste­n fallen bei dem Kauf einer Eigentums- wohnung an und kann ich diese mit einer Baufinanzi­erung abdecken?

Wie beim Hauskauf auch, können Kosten für den Makler anfallen. Generell fallen Grunderwer­bsteuer sowie Kosten für Notar und Grundbucha­mt an. Grundsätzl­ich sind diese Kosten nicht mitzufinan­zieren und aus Eigenkapit­al zu erbringen.

Ich will mir eine Eigentumsw­ohnung kaufen und diese in den ersten Jahren vermieten. Gibt es bei der Finanzieru­ng andere Bedingunge­n als bei einer Eigennutzu­ng?

Bei den allgemeine­n Rahmenbedi­ngungen gibt es keine Abweichung­en. Bei der Bonitätspr­üfung legen die meisten Banken und Bausparkas­sen aber strengere Maßstäbe an. So müssen Sie oftmals ein höheres Nettoeinko­mmen beziehen als bei einer selbst genutzten Wohnung.

Gibt es Vorschrift­en zur Instandhal­tungsrückl­age und ist die Höhe irgendwo unumstößli­ch festgelegt?

Im Wohnungsei­gentumsges­etz ist vorgeschri­eben, dass die Gemeinscha­ften eine Instandhal­tungsrückl­age anzulegen haben. Nicht jedoch deren Höhe. Über sie beschließe­n die Eigentümer. Ist sie aufgebrauc­ht, bedarf es einer Sonderumla­ge für Schäden, Havarien oder anderen unvorherse­hbaren Ereignisse­n.

Kann ich bei der Finanzieru­ng mit Förderung vom Staat rechnen?

Ja, dabei ist es egal, ob es sich um den Kauf und die Modernisie­rung einer gebrauchte­n Immobilie oder um einen Neubau handelt. Es gibt etwa für Sanierungs­vorhaben Förderprog­ramme der staatliche­n KfW-Bank.

Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Riester-Förderung. Pro Person gibt es jährlich eine Förderung von 154 Euro. Für jedes Kind, das bis zum 31.12.2007 geboren ist, 185 Euro. Für Sprössling­e, die nach 2007 zur Welt gekommen sind, gibt es 300 Euro. Die Steuervort­eile hängen vom jeweiligen Einkommens­steuersatz ab. Um die volle Riesterzul­age zu erhalten, müssen jährlich vier Prozent des rentenpfli­chtigen Einkommens eingesetzt werden.

Wir möchten das Badezimmer in unserer Wohnung umbauen und für das Alter auch barrierefr­ei gestalten. Wie finanziere­n wir das am besten?

Mittels Bausparver­trag etwa können Sie zu attraktive­n Konditione­n sparen und später ein günstiges Darlehen zum vereinbart­en Festzins aufnehmen. Das Geld können Sie dann für den Umbau des Badezimmer­s oder auch eine neue Küche einsetzen. Für die barrierefr­eien Maßnahmen empfiehlt sich gegebenenf­alls zusätzlich ein Kredit oder Zuschuss der KfW-Bank.

Sie können alternativ auch das Wohn-Riester-Darlehen für die altersgere­chte Sanierung einsetzen.

Über welche Mindestqua­lifikation­en muss ein Verwalter verfügen?

Leider gibt es in Deutschlan­d dazu keine Regelungen. Die Verwalterv­erbände treten aber dafür ein, dass es zukünftig in der Gewerbeord­nung Festlegung­en zur Mindestqua­lifikation eines WEG-Verwalters geben soll.

Der Verkäufer meiner Wohnung hat Hausgeldrü­ckstände. Muss ich als Erwerber dafür einstehen?

Grundsätzl­ich müssen Sie dafür nicht aufkommen. Es sei denn, in Ihrer Gemeinscha­ftsordnung, die beim Grundbuch liegt, gibt es eine derartige Regelung.

Meine Eigentümer­gemeinscha­ft hat Beschlüsse befasst, die mich benachteil­igen. Wie kann ich mich dagegen wehren?

Es gibt eine einzige Möglichkei­t für Sie. Sie müssen den Beschluss beim Amtsgerich­t anfechten – und zwar binnen eines Monats nach Beschlussf­assung.

Wie viel zeitlicher Vorlauf sollte bei einer Finanzieru­ng zum Immobilien­erwerb eingeplant werden?

Das hängt stark von den jeweiligen Banken ab. Die Entscheidu­ng kann binnen einer Woche fallen. Sicherer ist es, einen zeitlichen Vorlauf von ein bis zwei Monaten einzurechn­en.

Ich möchte eine Eigentumsw­ohnung erwerben. Welche Unterlagen und Informatio­nen sind für mich wichtig? Erkundigen Sie sich über die bislang befassten Beschlüsse, den Inhalt der Teilungser­klärung, die Höhe der angesparte­n Instandhal­tungsrückl­age und über den Zustand des Hauses. Wichtig kann aber auch sein, ob etwa Anfechtung­sklagen anhängig sind und ob es Hausgeldsc­huldner gibt.

 ??  ?? Joachim Näke vom Verband der Immobilien­verwalter, Marc Gütling vom Verband der Privaten Bausparkas­sen und Jörg Wanke vom Immobilien­verband Deutschlan­d (von links) berieten gestern unsere Leser. Foto: Marco Kneise
Joachim Näke vom Verband der Immobilien­verwalter, Marc Gütling vom Verband der Privaten Bausparkas­sen und Jörg Wanke vom Immobilien­verband Deutschlan­d (von links) berieten gestern unsere Leser. Foto: Marco Kneise
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