Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Sorgen ernst nehmen, Integration fördern
Landeszentrale für politische Bildung setzt auf Dialog
(br/stm). Die politische Bildung steht derzeit vor vielen besonderen Herausforderungen. Wichtigster staatlicher Akteur ist hier die Landeszentrale für politische Bildung mit Sitz in Erfurt. Auch ihre Arbeit ist derzeit geprägt vom Themenfeld Flucht, Flüchtlinge und Integration und damit zusammenhängend auch den Stichworten Islam und Muslime.
Dabei setzt sie auch auf das Medium „Film“: Eine Reihe syrischer Kurzfilme hat über dieses wichtige Herkunftsland berichtet; die Filmtour „Weltweit-Weltnah“hat vor allem Schicksale von Migranten aufgegriffen. Neben öffentlichen Abendveranstaltungen waren verschiedene Berufsschulen Anlaufpunkt. Hinzu kommen Lesungen, Reportagen, Fachtagungen und Ausstellungen, die in allen Landesteilen angeboten werden. Es geht darum, für die Schicksale der Geflüchteten zu sensibilisieren, über Fluchtursachen zu informieren und über die Notwendigkeit und Möglichkeit von Integration zu diskutieren. Nicht Meinungen vorgeben, sondern Sachinformationen liefern und Raum geben für Meinungsäußerung, Diskussion und Kontroverse, ist der Ansatz, sowie zu versuchen, Ängste und Sorgen dort, wo sie unbegründet sind, zu nehmen. Die Selbstvergewisserung – Wer sind wir, was prägt uns, was hält uns zusammen und wie lässt sich unter sich wandelnden Verhältnissen Zusammenhalt organisieren? – ist dabei eine wichtige Herausforderung, die zwingend Dialog und Diskussion voraussetzt.
Primäre Zielgruppe ist bislang die „Aufnahmegesellschaft“. Aber auch die Geflüchteten selbst sollen angesprochen werden. Eine Gruppe syrischer Flüchtlinge – sämtlich mit Hochschulausbildung – war kürzlich in der Landeszentrale, um sich über deren Arbeit zu informieren, mit Material auszustatten und zu diskutieren, wie sie als Teamer andere Geflüchtete beim Ankommen in unserer Gesellschaft durch politische Bildung unterstützen können. Die Veranstaltungen zum Thema Islam und Muslime stoßen im aktuellen Kontext auf besonderes Interesse und Nachfrage, denn der Großteil der Angekommenen bekennt sich zu dieser Religion. Sie treffen hier auf eine Gesellschaft, die von „doppelter Fremdheit“geprägt ist: Religion als solche ist häufig fremd, der Islam ist es in besonderer Weise. Gleichwohl existieren massive Vor- oder Falschurteile, mit denen es sich auseinanderzusetzen gilt. Mit der Reihe „Islam in Deutschland – Muslime unter uns“bietet die Landeszentrale für politische Bildung ein besonderes Dialogangebot in den wichtigsten Städten Thüringens.
Nicht selten wird die Demokratietauglichkeit von Islam und Muslimen infrage gestellt. Einschlägige Untersuchungen bzw. Befragungen unter bereits länger in Deutschland lebenden Muslimen zeigen ein anderes Bild: nämlich eine sehr hohe Zustimmung zu den Werten und Verfahren unserer Demokratie. Hier haben offenkundig positive Erfahrungen, das Erleben der Demokratie in der alltäglichen Praxis zu entsprechenden Einstellungen geführt. Wir haben es also ein Stück weit selbst in der Hand, in welchem Maße unser demokratisches Gemeinwesen und unsere Rechtsordnung anerkannt und geschätzt werden.