Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Umweltverbände: Windkraft im Wald nicht mehr erforderlich
Umweltressort will an politischer Zielsetzung trotzdem festhalten. Mike Mohring: Windkraftausbau wird ohne Rücksicht auf die Sorgen zahlloser Bürger durchgedrückt
Erfurt. Hunderte Windräder will Rot-Rot-Grün in Thüringens Wäldern errichten. Das ist der Plan.
Doch Thüringer Umweltverbände erklären jetzt: Windkraft im Wald ist nicht mehr erforderlich. Nach ihren Berechnungen folgt das aus dem ErneuerbareEnergien-Gesetz ( EEG) 2016, das vom Bundeskabinett gestern beschlossen wurde. Das EEG von CDU/CSU und SPD sieht vor, den Bau neuer Anlagen auf 1000 pro Jahr für ganz Deutschland zu begrenzen. Für Thüringen wären das etwa 30. Dieser Zielsetzung haben die Länder bereits zugestimmt. Der Bundestag muss dies noch tun.
Der Energie-Experte des Thü- ringer Naturschutzbundes Nabu, Hans Reip, sagte unserer Zeitung: „Wir sind froh, dass jetzt keine Windkraftanlagen im Wald gebaut werden müssen. Nun besteht die Chance, sich auf windertragreiche Standorte zu konzentrieren.“Der von den Anlagen unter den im Wald lebenden Tieren angerichtete Schaden sei außerdem enorm.
Beim Umweltverband BUND hält man das EEG zwar für einen umweltpolitischen Fehler, teilt aber die Analyse. „Im Wald muss man jetzt wahrscheinlich keine Windkraft mehr ausbauen“, sagte Landesgeschäftsführer Burkhard Vogel.
Das Umweltressort von Ministerin Anja Siegesmund (Grüne) will an seiner Planung dennoch nichts ändern. Man halte an dem politischen Ziel fest, ein Prozent der Landesfläche für Windradbau zu reservieren. Das ist nur erreichbar, wenn Windmühlen auch im Wald errichtet werden dürfen. Dieses Ziel ist laut Ministerium „nicht grundsätzlich gefährdet“. Allerdings werde es mit dem neuen EEG künftig „schwieriger, Projekte nach Thüringen zu holen. Deshalb sei damit zu rechnen, dass „die Erreichung des Ziels länger dauern“wird.
Rechtlich ist der Bau von Windmühlen im Wald tatsächlich weiterhin möglich – trotz EEG 2016. Nach Auffassung des energiepolitischen Sprechers der CDU-Landtagsfraktion, Stefan Gruhner, sollte das jedoch geändert werden: „Ich plädiere dafür, die bisherigen Planungen der Regionalen Planungsgemeinschaften zu überdenken und vom Windkraftanlagenbau im Wald Abstand zu nehmen.“
Zustimmung findet dies bei der Präsidentin der Regionalen Planungsgemeinschaft Ostthüringen, der Greizer Landrätin Martina Schweinsburg (CDU). Sie kündigte gestern spontan ein „neues, aber sorgfältiges Überdenken“bisheriger Planungen an.
Wenn das EEG 2016 dazu beitragen könne, Wälder und Naturschutzgebiete vom Windkraftausbau zu verschonen, sei dies „großartig und richtig“, so Schweinsburg. „Wir brauchen keine Windräder im Wald, die dreimal so hoch wie Bäume sind.“Die Flügel moderner Anlagen reichen 200 Meter empor.
Mehr als 20 Bürgerinitiativen gegen den Ausbau von Windkraft haben sich bereits formiert. Mit dem „Thüringer Landesverband Energiewende mit Vernunft e. V.“haben sie sich sogar eine Dachorganisation gegeben.
Für CDU-Landeschef Mike Mohring ist dieser wachsende Widerstand ein Beleg, „dass der Windenergieausbau bisher ohne jede Rücksicht auf die Sorgen zahlloser Bürger von der Linkskoalition durchgedrückt wird“.
Derzeit stehen in Thüringen etwa 750 Windkraftanlagen, im Jahr 2010 waren es 581. Die Pläne von Rot-Rot-Grün sehen vor: Bis 2040 sollen „rund 1000 zusätzliche Windenergieanlagen“in Thüringen entstehen. Bis zu 400 sollen in Wäldern stehen, sagte der grüne Landtagsabgeordnete Roberto Kobelt.