Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Als Mühlhäuser Kriegsvolk gen Langensalza zog
Der Mühlhäuser Museumsdirektor Thomas T. Müller referierte über seine Forschungen zur Reformation in der Region
Bad Langensalza. Der erste Gottesdienst nach lutherischer Ordnung fand in Langensalza zum Pfingstfest 1539 statt. Am 25. Mai versammelten sich die Gläubigen in der Marktkirche St. Bonifacius. Diesem, heute alltäglichen, Ritual gingen im 16. Jahrhundert Aufstände und Gewalt voraus – in Langensalza ebenso wie in den umliegenden Orten.
Einen Abriss über die Entwicklung der reformatorischen Bestrebungen in der Region gab der Mühlhäuser Museumschef Thomas T. Müller am Dienstagabend in der Gottesackerkirche. Eingeladen hatten die Bad Langensalzaer Museen und die Evangelische Kirchengemeinde. Thomas T. Müller beschäftigt sich seit Langem wissenschaftlich mit dem Bauernkrieg und der Reformation.
Er geht davon aus, dass die Mönche des Augustinerklosters in Langensalza der Motor der lutherischen Bewegung gewesen waren. Martin Luther visitierte das Kloster am 29. Mai 1516 – dem Jubiläum des Besuchs wurde vor wenigen Tagen gedacht – und verließ die Stadt nach zwei Stunden wieder. Dennoch lasse der Visitationsbericht Martin Luthers auf eine besondere freundschaftliche Beziehung zum Kloster schließen, berichtete Müller. In den 1520er-Jahren seien dann Vorwürfe gegen die Mönche laut geworden, dass sie Texte von Martin Luther und Jan Hus lesen und verteilen würden. Ab 1523 sollen Langensalzaer Bürger in Mühlhausen entsprechenden Predigten gelauscht und diese später in ihren Häusern diskutiert haben. 1525 ging in Mühlhausen Thomas T. Müller zufolge das Gerücht um, bereits die Hälfte der Langensalzaer Bevölkerung stünde auf der Seite der Reformation.
Der schwelende Konflikt zwischen den reformatorischen Kräften und der Obrigkeit – in Form des Klerus, der Stadtspitze und Herzog Georg von Sachsen – spitzte sich im April 1525 zu. Am 23. April war Jahrmarkt in Langensalza. Viele Auswärtige, darunter Anhänger der Reformation, weilten in der Stadt. Die folgenden Ereignisse schilderte Thomas T. Müller so: Am Dienstag kam das Gerücht auf, der Amtsmann Sittich von Berlepsch wolle Lutheranhänger ins Gefängnis bringen lassen. Die Bürger waren alarmiert. Ein halbes Dutzend Männer entschied sich zum Aufstand. Sie zogen mit Trommelwirbel durch die Straßen vor das Rathaus.
Statt auf Gespräche mit den Räten zu setzen, stürmten sie das Rathaus. Zwölf Vertreter der Aufständischen sollten dem Rat beisitzen und verschiedene Forderungen durchsetzen. Der Rat zeigte sich nicht kooperativ.
Am Tag darauf – dem 26. April 1525 – machte die Meldung die Runde, dass sich von Mühlhausen aus „Kriegsvolk“auf Langensalza zubewegt, um die Auf- ständischen zu unterstützen. Über die Menge gibt es unterschiedliche Angaben. Thomas T. Müller hält eine Zahl von 500 Mann für realistisch. Die Mühlhäuser forderten die Herausgabe von Sittich von Berlepsch. Die Männer konnten beruhigt werden und zogen – mit einem Geschenk von zwei Fässern Bier – Richtung Großengottern ab.
Am selben Tag wurde das Benediktinerkloster Homburg nahe Langensalza geplündert. 14 Gebäude wurden laut Thomas T. Müller fast bis auf die Grundmauern abgerissen. Die Mönche wurden in ein Lager bei Tonna gebracht. Das Ziel sei das endgültige Ende des klösterlichen Lebens gewesen.
Von offizieller Seite wurde verlautbart, dass die Täter unbekannt seien. Tatsächlich besaß das Kloster viel Land in der Umgebung. Thomas T. Müller zufolge waren wohl Bauern aus so ziemlich jedem Ort in der Umgebung an der Stürmung beteiligt.
Bauern stürmten Kloster Homburg