Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Überflüssiges Amt?
Unsere Leser diskutieren über den scheidenden Bundespräsidenten Gauck und die Zukunft seines Nachfolgers
Zu „Deutschland sucht den Präsidenten und Thüringen sucht mit“(TA vom 7. Juni): Nach meiner Auffassung ist die Überschrift zu dem Artikel unzutreffend. Nicht Deutschland, denn das wäre die Bevölkerung, wären die Menschen, sucht einen Präsidenten – sondern Politiker. Deshalb meine klare Aussage: Der Präsident müsste direkt gewählt werden.
Zu Herrn Gauck selbst und dessen Amtszeit möchte ich bemerken, dass bei allen Verdiensten, die bisher schon reichlich gewürdigt wurden, eines zu vermissen ist, nämlich das Bemühen um ein gemeinsames Europa, so wie es geografisch besteht.
Herr Stoltenberg hat vor einiger Zeit gesagt, dass die Nato keine neue Grenze in Europa braucht und diese auch nicht anstrebt. Aber gerade das ist der entscheidende Punkt: Europa erstreckt sich geografisch im Osten bis zum Ural, die Nato schafft aber eine Grenze östlich der Baltischen und ehemaligen Ostblockstaaten. Und Herr Gauck tut dagegen nichts.
Selbst wenn er die Gründe dafür bei Russland sehen würde, wie es viele deutsche und NatoPolitiker tun, hat er nie Anstalten unternommen, um mit der russischen Regierung diesen Sachverhalt zu erörtern. Es ist ihm gelungen, in seiner nun fast fünf Jahre währenden Amtszeit nicht ein einziges Mal die russische Regierung zu treffen.
Wenn er doch anderen Regierungen, deren Politik er kritisch sieht, „ins Gewissen redet“, warum dann nicht Herrn Putin?
Bernhard Wand, Apolda land muss mehr Verantwortung in der Welt übernehmen“) soll sich weiter drehen und alle suchen fieberhaft nach einem neuen Betreiber.
Warum denken wir nicht einfach neu und fragen nach dem Sinn des Bundespräsidialamtes, das schon mit Lübke einen KZBaumeister an seiner Spitze hatte und damit das herrschende System entlarvte.
Brauchen wir rauschende Sommerfeste im Schloss Belle- vue und wohlgesetzte Sonntagsreden, wenn doch Tausende Kinder in Deutschland schwer von Armut und Familien von den Hartz-Gesetzen betroffen sind und deutsche Soldaten mit pastoralem Segen im Ausland zu Tode kommen? Kein Veto eines deutschen Präsidenten gegen Kriegseinsätze der Bundeswehr oder Gesetze, die die soziale Ungerechtigkeiten, die stete Umverteilung von unten nach oben, im Lande verhindert hätten. Also, Politiker, nutzt die Gelegenheit und schafft dieses längst überflüssige Amt mit einem letztmaligen Tschingtarassa ab und tut mit den eingesparten Millionen Euro wirklich Gutes und steckt es zum Beispiel in Wissenschaft und Bildung.
Raimon Brete, Chemnitz den Präsidenten und sein über 20 Millionen Euro schweres Bundespräsidialamt unter dem Aspekt der Sparzwänge in Deutschland gut vorstellen. Die Einsparungen sollten aber für soziale Zwecke und nicht zum Beispiel für eine Aufwertung der Bundeswehr verwendet werden. Aber wenn schon ein Präsident, dann sollte dieser durch das Volk direkt gewählt werden.
Klaus Kircher, Erfurt