Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

Hunderttau­sende feierten in Berlin Christophe­r Street Day

- Von Saskia Gerhard

Veranstalt­er und Polizei mit Verlauf der Schwulen- und Lesbenpara­de zufrieden. Forderung nach echter Gleichstel­lung

Berlin. Mehrere Hunderttau­send Menschen haben Samstag in Berlin den Christophe­r Street Day (CSD) gefeiert. Einen Tag nach dem Amoklauf von München zog die bunte Demonstrat­ion für mehr Rechte von Homo-, Bi- und Transsexue­llen durch die Bundeshaup­tstadt.

Auf mehr als 50 geschmückt­en Wagen tanzten Teilnehmer in schrillen Kostümen. Die Veranstalt­er sprachen von rund 750 000 Besuchern. Die Polizei machte keine Angaben zu der Zahl. Sie zeigte sich am Sonntag zufrieden mit dem Verlauf. Es habe keine Festnahmen gegeben, lediglich einige kleinere Zwischenfä­lle seien registrier­t worden, sagte eine Sprecherin.

Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) hatte zum Auftakt der Parade betont, Intoleranz und Diskrimini­erung dürfe kein Raum gegeben werden. „Wir gemeinsam müssen uns dafür engagieren, dass diese Stadt und unser Zusammenle­ben wirklich ein offenes, tolerantes und freies Zusammenle­ben ist“, betonte er. Dafür könne jeder jeden Tag etwas tun.

Zuvor gab es in Berlin Überlegung­en, ob nach der Bluttat in München die Parade abgesagt werden müsse. „Wir wussten ja lange nicht, ob es ein Einzeltäte­r oder mehrere Täter in München waren, ob es ein Amoklauf oder eine Terrorlage war“, so Innensenat­or Frank Henkel (CDU). Erst als die Lage dort klarer geworden sei, seien die Sicherheit­sbehörden zu dem Schluss gekommen, dass die Demonstrat­ion stattfinde­n könne. „Wir mussten aber Anpassunge­n vornehmen“, so der CDU-Politiker. Zu den konkreten Maßnahmen äußerte er sich nicht.

Bei den gut gelaunten Besuchern in Berlin war während der Parade unter dem Motto „Danke für nix“und der Abschlussk­undgebung am Brandenbur­ger Tor keine Verunsiche­rung durch das Attentat in München zu spüren. „Ich habe eher weniger Angst“, sagte Holger Wedeking (41). „Klar macht man sich Gedanken, aber ich will mir von diesen schlimmen Ereignisse­n nicht die Lebensfreu­de nehmen lassen.“Gerade in solchen Zeiten müsse man Flagge zeigen, meinte Mark Globert (43). „An welchem Ort man sich aufhält, ist ja langsam unerheblic­h geworden. Öffentlich­e Plätze, Züge, Einkaufsze­ntren – wenn wir jetzt all solche Orte meiden, müssen wir uns bald zu Hause einsperren. Das will ich nicht“, sagte Bastian Jose (38).

Das CSD-Motto hatten die Veranstalt­er in diesem Jahr bewusst radikal gewählt. „Trotz vieler Errungensc­haften sind wir von einer echten Gleichstel­lung noch weit entfernt. Eheöffnung, Adoption für alle, Sicherheit für Geflüchtet­e? Fehlanzeig­e. Dieses Jahr ist Schluss mit der Dankbarkei­t für Brotkrumen“, erklärte der Verein, der die Demo organisier­t hatte.

„Wir sind vor allem super glücklich und stolz, wie vielfältig und politisch dieser CSD 2016 war“, so eine Sprecherin. Es seien so viele Menschen wie noch nie bei der Abschlussk­undgebung gewesen.

Rund 500 Polizeibea­mte waren im Einsatz. Sie schrieben einige Anzeigen wegen Körperverl­etzung, Diebstahls, Verstößen gegen das Betäubungs­mittelgese­tz sowie Beleidigun­g. Zu Beginn der Parade störten etwa 15 Menschen die Eröffnungs­reden. Unter lauten Rufen hatten sie pro-palästinen­sische Plakate hoch gehalten.

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Diese drei Teilnehmer des Christophe­r Street Day (CSD) am vergangene­n Samstag in Berlin setzten ein buntes Zeichen für den Frieden. Foto: Rainer Jensen, dpa

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