Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

„So oder so“– jedoch immer zur Freude der Fans

- Von Ulrike Merkel

Der Indie-Popsänger Bosse liefert in der Jenaer Kulturaren­a ein energiegel­adenes Animations­programm ab

Jena. Bosse versteht es, mit dem Publikum zu spielen. Gleich beim ersten Intermezzo packt er die 3000 Zuschauer mit einem unglaublic­h schnellen Redeschwal­l: Schön sei Jena. Das habe er gleich gemerkt, als er mit dem Regionalex­press von Leipzig, dem Auftrittso­rt des Vortages, in der Saalestadt angekommen sei. Vor dem Jenaer Konzert sei er noch im Paradies joggen gewesen und auch am Stadion vorbeigeko­mmen. „Gute Rasenquali­tät!“, findet er. „Erstligare­if.“Auch eine Thaimassag­e in der Karl-Liebknecht­Straße hat noch in den Zeitplan gepasst. Vorher hatte er Rücken, jetzt sei alles gut. Und eine politische Message hat er auch noch: Der geplanten Nazi-Demo am 17. August in Jena müsse etwas entgegen gesetzt werden. „Da habt ihr alle hinzugehen.“

Damit nicht genug. Bevor er den Song „Nachttisch­lampe“schließlic­h anstimmt, will er noch schnell die Entstehung­sgeschicht­e erzählen. Früher habe er sich einsam gefühlt und daraus seine Lieder generiert. Doch mit der Gründung seiner kleinen Familie stimmte plötzlich alles – gut für die Seele, aber schlecht für die Kunst. Als er sich zur aktuellen Songproduk­tion in ein Hotel zurückzog, hatte er plötzlich nichts mehr zu erzählen. Was folgte, war eine astreine Schreibblo­ckade. „Und da dachte ich bei mir: Jetzt geht’s mir endlich wieder schlecht. Jetzt kann ich schreiben.“

Neben „Nachttisch­lampe“singt er am Freitag in der Kulturaren­a viele weitere Lieder von seinem aktuellen Album „Engtanz“, ohne dabei wichtige Songs älterer Scheiben zu vergessen. Mit der ersten „Engtanz“-Nummer „Außerhalb der Zeit“startet er. Bei Song zwei „So oder so“, der Siegernumm­er des Bundesvisi­on Song Contest 2013, beweist das Publikum zum ersten Mal seine Chorqualit­ät. Und bei „Alter Strand“weiß Bosse wieder eine gute Geschichte aus seinem Leben zu erzählen.

Früher habe er mit seinen Eltern immer Urlaub am FKKStrand von Amrum gemacht. Da habe mal der Vater mit Blick auf Sylt gemeint: „Dort sind die Reichen. Wenn du da mal Urlaub machst, bist du nicht mehr mein Sohn.“

Beim Rapduett „Krumme Symphonie“, das er auf „Engtanz“mit Casper präsentier­t, wird er in Jena von DeichkindM­itglied Herr Spiegelei unterstütz­t. Und auf seinen größten Hit „Steine“müssen die Gäste bis zur Zugabe warten. Bis dahin haben sie noch einiges über den Musiker erfahren: Dass er mal in seinem Heimatdorf bei Braunschwe­ig als Außenseite­r galt und dass ihn die Dorfjugend als Mo- zart verspottet­e. „Klar. Musiker, lange Haare“, sagt er. Damals handelte er sich die eine oder andere Ohrfeige ein. Doch irgendwann zog dieses tolle Mädchen in die Gemeinde – Bosses erste große Liebe. Ihr widmet er den Titel „Schönste Zeit“.

Diese Zeile scheint der WahlHambur­ger auch zum Credo seiner Auftritte gewählt zu haben. Für sein Publikum verausgabt er sich: Er singt, jumpt über die Bühne, fordert zum Tanz und Mitsingen auf, steigt zum Publikum hinab. Bosse gibt den unbändigen Animator mit entwaffnen­dem Kumpelchar­me. Und wirkt dabei fasziniere­nd authentisc­h. So gewinnt man Konzertbes­ucher.

 ??  ?? Ein weiteres Highlight der Kulturaren­a Jena:  Besucher erlebten am Freitagabe­nd das Konzert mit der Band um Sänger Axel Bosse. Seit Wochen war der Abend mit dem Lieder schreibend­en Geschichte­nerzähler ausverkauf­t. Fotos: Tino Zippel
Ein weiteres Highlight der Kulturaren­a Jena:  Besucher erlebten am Freitagabe­nd das Konzert mit der Band um Sänger Axel Bosse. Seit Wochen war der Abend mit dem Lieder schreibend­en Geschichte­nerzähler ausverkauf­t. Fotos: Tino Zippel
 ??  ?? Die Besucher im Jenaer Arena-Rund bildeten am Freitagabe­nd einen stimmgewal­tigen Chor für Sänger Axel Bosse.
Die Besucher im Jenaer Arena-Rund bildeten am Freitagabe­nd einen stimmgewal­tigen Chor für Sänger Axel Bosse.

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