Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Das kleine Vögelchen und der Kater
Eine tierische Geschichte über eine clevere Blaumeise auf Wohnungssuche
Am Hoftor ist ein Metallpfeiler, der eine kleine Öffnung hat, welche ohne Funktion ist. Eigentlich sollte ein Torschloss hinein, das war aber überflüssig geworden, da dann ein anderes System für das Öffnen und Schließen des Tores eingebaut wurde.
Das vorhandene Loch ist fünf Zentimeter breit, zehn Zentimeter hoch und vier Zentimeter tief. Also gut überdacht und vor Wind und Wetter geschützt.
Diese Eigenschaften hatte bald eine Vogelmutter erkannt und wollte ihr Gelege dort unterbringen. Unser aufmerksamer Kater beobachtete das und setzte sich erhobenen Hauptes unmittelbar davor und fixierte den in einen Meter Höhe befindlichen Eingang.
Ziemlich aufgeregt flog das kleine Vögelchen von Strauch zu Strauch und piepste kläglich. Natürlich haben wir den Kater erst einmal von diesem Platz weggelockt. Mein Mann hat das Einflugloch mit einer Styroporplatte verschlossen, da ja noch kein Vogel darin nistete. Am Tag darauf beobachteten wir Blaumeisen, wahrscheinlich Mutter und Vater, die emsig ein Loch am oberen Rand aufpickten. Gerade Vogelmutter mit weißen Katzenhaaren in ihrem Schnabel zum Nest flog. Sie wollte also ihren Nachwuchs auf die Haare des Katers betten, die beim Herumstreichen durch Hecken und Sträucher von ihm hängen geblieben waren.
Die Innenwände des begehrten Nistloches sind angerostet, daran klettern die Altvögel und ihre Kinder hoch. Das gleiche Prinzip wird beim Bau von Nistkästen angewendet. Die Bretter sind innen nicht gehobelt, damit die Vögel an den rauen Flächen gut hinauf klettern können.
Allerliebst sieht es aus, wenn dann die kleinen Köpfchen der Jungvögel aus der Luke gucken, um Futter betteln und ganz mutig auch die ersten Flugversuche unternehmen.
Ilka Ledermann ist praktizierende Ärztin für Allgemeinmedizin und gehört zur Seniorenredaktion der TA.