Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Vermieter für Rechtsrockkonzerte ist aus der AfD ausgetreten
Landesvorstand distanzierte sich in den vergangenen Tagen von ihm. Polizei ändert Einsatzstrategie bei Gegendemos
Gera/Themar. An diesem Samstag starten Neonazis wohl doch in Gera ihre Konzertoffensive, die seit Jahresbeginn angekündigt ist. Davon gehen jedenfalls die Thüringer Sicherheitsbehörden aus – allerdings, das schränkt ein Sprecher des Verfassungsschutzes auf Nachfrage ein, könnten sich bis kurz vor Beginn des Rechtsrockkonzertes Veränderungen ergeben.
Zunächst war Themar (Landkreis Hildburghausen) als Veranstaltungsort für das angekündigte „Rock für Deutschland“im Gespräch – offenbar ist doch Gera in den Fokus der Neonazis gerückt. Mit bis zu 1200 Teilnehmern rechnet der Verfassungsschutz. Die Polizei bereitet sich seit Tagen auf einen intensiven Einsatz unter Führung der Landespolizeidirektion vor. Obwohl der Kelch am Wochenende wohl an der Südthüringer Kleinstadt vorbeigeht, bleibt sie im Fokus. Am 15. und am 29. Juli sind Konzerte angekündigt, die als politische Veranstaltungen angemeldet wurden. Dieser Charakter soll den Konzerten durch den Kreis Hildburghausen aberkannt werden. Damit befassen sich aktuell Gerichte.
Pikant bei der Wahl des Veranstaltungsortes: Ein AfD-Mitglied aus Südthüringen paktierte mit den Neonazis und stellt ihnen die Flächen für die Veranstaltungen zur Verfügung. Seit Freitag muss man allerdings korrekterweise sagen: ein ehemaliges AfD-Mitglied. Bodo Dressel habe mündlich seinen Austritt erklärt, bestätigte der Sprecher des Landesverbandes, Torben Braga, auf Anfrage. Er distanziert sich für den Landesvorstand auch von den Konzerten: „Der Landesvorstand wehrt sich entscheiden dagegen, dass eine Verbindung zwischen diesen ‚Konzerten‘ und der AfD Thüringen hergestellt wird.“Seine Partei in Thüringen habe sich in der Vergangenheit bereits deutlich von den Inhalten dieser Veranstaltungen distanziert. Dass Dressel, der am Freitag für unsere Zeitung nicht zu erreichen war, die AfD freiwillig verlassen hat, darf bezweifelt werden. Nachdem sein Engagement bekannt wurde, sollen Mitglieder Druck auf ihn ausgeübt und ihn zum Austritt gedrängt haben – wohlwissend, dass er vor einem Partei-Schiedsgericht wohl siegen würde, hätte man gegen ihn ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet.
Dressel selbst, heißt es in Parteikreisen, habe nicht damit gerechnet, dass sein Verhalten einen solchen Wirbel auslöst. Schlussendlich hat er seinen Parteiaustritt am Freitag mündlich nach einem Telefonat mit dem AfD-Bundestagskandidaten Torsten Ludwig doch angeboten. Ob die Neonazi-Konzerte in zwei Wochen tatsächlich stattfinden, steht nach wie vor nicht fest. Bisher deutet außer öffentlicher Bekundungen der Veranstalter wenig darauf hin.
Dennoch: Die Thüringer Polizei bereitet sich intensiv auf die Einsätze vor und wird im Juli Unterstützung von Beamten aus dem gesamten Bundesgebiet benötigen, wie ein Polizeisprecher bestätigte. Außerdem stehen die Gegendemonstranten im Mittelpunkt. Allerdings anders, als das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Überarbeitete Einsatzkonzepte sehen vor, dass die Gegendemonstranten ihren Unmut über die Hass- und Hetzkonzerte, die unter dem Deckmantel der Versammlungsfreiheit über die Bühne gehen sollen, in Hör- wie Sichtweite ausdrücken dürfen.
„Die Strategie für den Einsatz sieht vor, dass die Polizei sehr versammlungsfreundlich agiert, wenn es um die Begleitung demonstrativer Gegenaktionen geht“, sagte ein Sprecher der Landespolizeidirektion.
Vor allem für den 15. Juli 2017 müssen die Einsatzkräfte gewappnet sein, an diesem Tag rechnen sie selbst mit mehr als 5000 Teilnehmern in Themar. Diese Schätzungen gehen auf Informationen des Verfassungsschutzes, des Landes- sowie des Bundeskriminalamtes zurück.
Tausende kommen im Juli wohl nach Themar