Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Staatssekretär appelliert an Verbraucher und Tierwirte
Klaus Sühl besichtigt Schweinestall der Urleber Mast in Sundhausen und diskutiert Grundsatzprobleme
Sundhausen. „Ich würde nie bestreiten, dass wir auch Fehler machen. Aber ich ärgere mich über die Fotos, denn wir geben uns viel Mühe“, sagt Britta Becke. Sie ist Geschäftsführerin der Urleber Mast GmbH.
Das Landwirtschaftsunternehmen hält etwa 11000 Schweine an Standorten in Urleben und Sundhausen. Mitte Februar drangen Mitglieder der Tierrechtsorganisation Peta in einen der Ställe in Sundhausen ein und machten Fotos, die Verstöße gegen den Tierschutz belegen sollten. Peta zeigte das Unternehmen bei der Staatsanwaltschaft Mühlhausen an. Bei Kontrollen durch das Veterinäramt des Kreises wurden keine Verstöße festgestellt (unsere Zeitung berichtete).
Doch die von Peta veröffentlichten Bilder bleiben im Gedächtnis der Menschen haften, ist Britta Becke überzeugt. Auf einem Bild ist zu sehen, wie Ferkel zwischen der Stallwand und ihrer Mutter ziemlich kompakt liegen. Ein anderes zeigt Ferkel vor mit Kot besprenkelten Käfiggittern. „Das eine Foto sieht aus wie gequetschte Ferkel, das andere zeigt Tiere hinter Gittern. Dass die Ferkel nun mal an den Zitzen ihrer Mutter einschlafen und auf der anderen Seite der Abgrenzung noch viel Platz ist, sieht man auf dem Bild nicht. Dass hinter den Ferkeln viel frisches Stroh liegt und die sauber veranlagten Tiere ihr Geschäft bewusst woanders verrichten, hätte nur mit einer leicht anderen Kameraperspektive gezeigt werden können“, erklärt Britta Becke.
Bauern kämpfen mit konträren Vorgaben
Was bleibt, ist ein angekratztes Image und Ärger bei den Tierwirten. Das wurde beim Besuch von Klaus Sühl deutlich. Der Staatssekretär im Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft machte im Rahmen der Sommertour Station in Sundhausen und bei der benachbarten Agrargenossenschaft Kirchheilingen.
Im Gespräch mit den Landund Tierwirten wurden Details wie die geeignete Größe von Kastenständen für Schweine erörtert, aber auch grundsätzliche Probleme der industriellen Landwirtschaft.
Die Bauern müssten den Ansprüchen und Preisvorstellungen der Verbraucher ebenso genügen wie den gesetzlichen Vorgaben zum Arbeitsschutz, Tierschutz und Umweltschutz. „Vieles davon widerspricht sich. Wir können es nicht allen Recht machen. Es geht immer um einen Kompromiss“, sagte Gert Becke von der Agrargenossenschaft Kirchheilingen. Wie oft werden die Tiere gegen welche Krankheiten geimpft? Sollten auf Medikamente zugunsten der Fleischbelastung verzichtet, dafür aber bestimmte Erkrankungen toleriert werden? Sollten die Tiere in Kastenständen oder frei gehalten werden, wobei letzteres mit mehr Risiken für die Mitarbeiter verbunden ist? Über allem hänge das wachsende Misstrauen der Verbraucher und die billigen Preise bei Wurst und Fleisch. „Wir müssen den Verbrauchern verständlich machen, dass es Unsinn ist, ein Schwein auf diese Größe zu bringen und dann nicht den angemessenen Preis dafür zu zahlen. Die Haltung und Zucht kann hier bei uns geschehen oder in anderen Ländern, wo wir sie nicht sehen können. Wollen wir das?“, fragt Klaus Sühl.
Die einzige Chance der Betriebe sei eine höhere Transparenz, die Öffnung nach außen. „Wer Fleisch essen will, muss auch in die Ställe gucken“, bringt es Klaus Sühl auf den Punkt.
Britta Becke stimmt zu. Ihr Betrieb habe sich schon einmal anlässlich des Hoffestes der Agrargenossenschaft in Kirchheilingen zu Führungen bereit erklärt. Selbst Shuttle-Busse nach Sundhausen für die Besucher seien organisiert worden. Doch nur wenige Menschen hätten Interesse gezeigt.