Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

Urlaub als Auszeit von den Pflichten

Endlich Zeit, um „ich“zu sein

- Von Matthias Cyrus

Seit einer Woche sind Ferien. Viele Menschen sind unterwegs, haben sich schon lange Zeit darauf gefreut. Endlich nur einfach ich sein, keine Termine, keine Ansagen von anderen, nicht funktionie­ren müssen…Einfach mal ich sein.

Wenn das dann gelingt in dieser kurzen Auszeit vom Alltag, dann sagen wir am Ende: Die Ferien, der Urlaub, waren schön. Da ist es dann fast auch egal, ob das Wetter nun sommerlich gewesen ist oder nicht. Und wenn es richtig gut geht, dann habe ich nach dieser Zeit auch wieder wirklich Lust darauf, in den Alltag einzutauch­en, die vertrauten Menschen wiederzutr­effen, wieder etwas zu schaffen und mich in den gewohnten Bahnen zu bewegen.

Mich fasziniert es immer wieder, was doch diese kleine Abwechslun­g alles bewirkt. Ich denke, das hat auch viel damit zu tun, dass ich dabei wirklich gut einmal nur ich selbst sein kann. Vielen gelingt das im Alltag oft nicht. Da sind so viele Aufgaben zu lösen, da muss ich oft fremden Ansprüchen genügen, da komme ich gar nicht richtig zum Nachdenken.

Wenn ich das aber einmal hinter mir lassen kann, dann erlebe ich auch mich ganz anders. Da kann ich wieder spüren, was ich wirklich brauche, was mein Leben ausmacht. Vielleicht probiere ich auch einmal etwas ganz Neues aus und merke, wie sehr es mir gefällt, wie gut es mir tut. Ich kann mich in dieser Zeit selbst wiederfind­en, kann spüren: Wer bin ich eigentlich? Was will ich, was brauche ich, was macht mich aus? So werde ich mit mir selbst wieder vertraut und das wirkt auch in den Alltag hinein, in den ich zurückkehr­e.

Ich merke aber auch: Die Zeit bis zu den nächsten Ferien kann lang werden. Das geht nicht nur den Schülern so, die ja manchmal schon zu zählen anfangen, wenn die Schule gerade wieder begonnen hat. Es tut auch gut, wenn ich mitten im Alltag einfach einmal aussteige, Abstand gewinnen kann zu dem, was mich bestimmen will, und einfach nur ich selbst bin. Das mag nur ein kurzer Moment sein und ich spüre wieder: Ja, ich kann wieder auftanken.

Für mich ist es eine gute Hilfe, dabei einen Moment lang ganz bewusst an Gott zu denken. Er lässt uns Menschen nämlich immer wieder wissen: Sei du selbst, lass dich nicht nur von außen bestimmen! Halte einmal einen Moment an und sammle deine Kraft und deine Gedanken! Du kannst es tun und wirst danach freier und stärker wieder zurückkehr­en.

Ich erlebe Gott als einen, der mit Mut macht, mein eigenes Leben zu entdecken, auch wenn ich nicht jeden Tag Ferien habe und vieles einfach erledigt werden muss. Mit ihm und seiner Erinnerung: Sei du selbst! erlebe ich auch alle Aufgaben nicht als Zwang, sondern kann mich an ihnen freuen, kann auch durch die Erlebnisse im Alltag mich immer mehr entdecken.

So wünsche ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, solche Erfahrunge­n: Einfach mal nur ich sein, egal, ob nun im Urlaub auf Reisen oder zu Hause, oder auch im ganz normalen Alltagsleb­en, das Sie umgibt.

Mit herzlichen Segenswüns­chen grüßt Sie, Matthias Cyrus, Pfarrer in Großengott­ern.

 ??  ?? Matthias Cyrus ist Pfarrer in Großengott­ern. Foto: privat
Matthias Cyrus ist Pfarrer in Großengott­ern. Foto: privat

Newspapers in German

Newspapers from Germany