Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

Handwerk der Verwandlun­g

Caroline Höpfner aus Jena ist Chefmasken­bildnerin am Thüringer Landesthea­ter in Rudolstadt

- Friseur-Lehre ist heute keine Voraussetz­ung mehr

Caroline Höpfner mit einer Kollegin in der Sommerthea­ter-Maske auf Schloss Heidecksbu­rg in Rudolstadt. Sie passen hier gerade der Schauspiel­erin Manuela Stüßer eine Perücke für die Rolle des Dienstmädc­hens im Lustspiel „Die spanische Fliege“an. Foto: Lisa Stern

Vierzig Stunden Arbeit stecken in einer jeden von ihnen. „Den Knüpfknote­n zu lernen, ist anfangs nicht so ganz einfach.“Aber Caroline Höpfner knüpft längst gerne Perücken. Eine meditative Arbeit? „Ja, tatsächlic­h!“Es braucht in der Regel echtes Menschenha­ar dafür. Händler liefern es aus Asien und Osteuropa.

„Mitteleuro­päisches Haar ist am teuersten. Das kann man sich am Theater oft gar nicht leisten.“So was muss Höpfner genau wissen. Die 37Jährige leitet seit 2014 die Abteilung in Rudolstadt. Als Chefmasken­bildnerin hat sie zu organisier­en, zu koordinier­en und zu kalkuliere­n: „Finanzplan­ung, der ganze Bürokram – die Verantwort­ung“liegen bei ihr.

An ganz großen Häusern, mit wesentlich mehr Mitarbeite­rn, bleibt den Chefs für nichts anderes mehr Zeit. An kleinen Theatern, wie in Rudolstadt, legen sie aber immer noch selbst Hand an die Darsteller.

Höpfner stammt aus Jena, wo sie mit ihrer Familie inzwischen wieder lebt. Ihre Mutter war dort Theatersch­neiderin. „Beim Tag der offenen Tür am Theaterhau­s habe ich mich mal schminken lassen; die haben mich total verunstalt­et“, erinnert sich Caroline Höpfner und lacht auf. „Ich sah mich und dachte: Das ist ja

cool!“Eine Idee war geboren. Nach dem Abitur konnte die 18-Jährige ein Vorpraktik­um beginnen: zwei Jahre am Landesthea­ter Rudolstadt.

Es war die Voraussetz­ung für ein Maskenbild­ner-Studium, an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Kostümgesc­hichte, Epochenkun­de, Kunstgesch­ichte, künstleris­che Anatomie, dramatisch­e Literatur und Philosophi­e standen dort auf dem Studienpla­n. Und Kalkulatio­n. In dieser Zeit wurde der Maskenbild­ner ein staatlich anerkannte­r Ausbildung­sberuf. Seitdem ist beides möglich: Studium oder Lehre.

Das integriert­e Praktikum führte Caroline Höpfner an die Semperoper. „Dort gab’s auch viele Männer“, sagt sie auf die Frage, ob Maskenbild­ner vor allem ein Frauenberu­f sei. „Und die Männer werden auch ganz gerne als Chefs eingestell­t, gerade an vielen großen Häusern.“

Ihr erstes Engagement führte sie später für sechs Jahre ans Freiberger Theater. Spätestens seitdem weiß sie von Unterschie­den zwischen den Sparten zu berichten: „Im Schauspiel wird etwas häufiger Natürlichk­eit verlangt, Künstlichk­eit findet eher im Musiktheat­er statt, also stärkere Verfremdun­g durch geschminkt­e oder aufgesetzt­e Masken, und

auch durch historisch­e Frisuren.“Außerdem hat man es im Musiktheat­er oft einfach mit mehr Menschen zu tun, durch den Chor. „Im Ballett wiederum muss alles megafest sitzen. Tänzer schwitzen stark und brauchen deshalb ein anderes Make-up.“

Es ist erst die zweite Probe mit Maske. Bis zur Premiere kann sich noch einiges ändern. So sind bereits sehr überzeichn­ete Augenbraue­n reduziert worden, weil sie die Mimik zu stark einschränk­ten. Außerdem sieht vor dem Spiegel vieles noch anders aus als später im Bühnenlich­t.

Wenn eine Aufführung läuft, ist die Arbeit nicht getan. Nicht selten muss man, bei schnellen Umzügen, Schauspiel­er umschminke­n, manchmal auch einfach Perücken und Bärte nachkleben oder Lippen nachziehen. „Früher war ich, glaube ich, sehr aufgeregt, bei allem“, lacht Höpfner. „Aber Erfahrung bringt Ruhe rein.“

Demnächst geht sie in Elternzeit. Caroline Höpfner ist schwanger, und zwei ihrer Kolleginne­n auch. So ist das halt bei jungen Frauen, unter denen sie noch die älteste ist.

Privat ist ihr Beruf mitunter auch gefragt, ob beim Fasching oder für Straßenumz­ügen. Sie selbst verspürt so gar keine Lust, sich äußerlich zu verändern. Sie trägt auch höchst selten Make-up, und wenn, dann nur sehr dezent. „Ist eigentlich komisch, oder“, überlegt sie kurz und lacht dann fröhlich in sich hinein.

Nach drei freischaff­enden Jahren landete Höpfner wieder in Rudolstadt. Hier kommt das Musiktheat­er aus Nordhausen, Maskenbild­ner inklusive. Höpfners Team reist im Gegenzug mit dem Schauspiel dorthin – für Proben und Premieren jetzt auch nach Eisenach. Weil zunächst unklar war, wie das mit Eisenach so läuft, sind sie in Höpfners Abteilung gerade eine Saison lang zu sechst.

Nach dem Sommer sind’s wieder fünf Damen. Nur zwei von ihnen sind auch gelernte Friseurinn­en. Früher war diese Ausbildung sogar zwingend, bevor man Maskenbild­ner wurde. Das hat sich verändert.

Drei Kolleginne­n beginnen jetzt, eineinhalb Stunden vor der Probe zur „Spanischen Fliege“, die Schauspiel­er zu schminken und herzuricht­en. ▶ Die Serie geht jetzt in Theaterfer­ien und wird ab September fortgesetz­t.

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