Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Was wollen die Briten eigentlich?
Die vom geplanten Kohleausstieg betroffenen Regionen können langfristig mit mehr Geld vom Bund für Strukturwandel rechnen. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte nach einem Spitzentreffen der Kohleländer mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und mehreren Bundesministern in Berlin, Strukturhilfen seien notwendig über viele Jahre, es müsse sich um „erhebliche Mittel“handeln. Es müssten aber zunächst von der Kohlekommission „Leitplanken“gesetzt werden. Die entscheidende Sitzung des von der Regierung eingesetzten Gremiums sei am 25. Januar. (dpa)
Die Ausspähung und illegale Veröffentlichung privater Daten von Politikern und Prominenten ist möglicherweise nicht von dem tatverdächtigen Schüler alleine begangen worden. Das berichten das ARDPolitikmagazin „Kontraste“und das „Inforadio“vom RBB. Es seien Zweifel aufgekommen, ob es sich tatsächlich um einen Einzeltäter handelt. Nach Informationen von Sicherheitskreisen sei der mutmaßliche Täter trotz eines Geständnisses nicht in der Lage gewesen, den Ermittlern zu zeigen, wie er die Daten im Netz erbeutet hatte. (dpa)
Binnen Tagesfrist durfte sich Theresa May wieder ein wenig als Siegerin fühlen. Der Misstrauensantrag gegen die britische Regierung ist gescheitert. Eine Mehrheit von 325 Abgeordneten sprach der Premierministerin und ihrem Kabinett am Mittwochabend im Unterhaus in London das Vertrauen aus – bei 306 Gegenstimmen. Am Vorabend noch, nach der so deutlich verlorenen Abstimmung über ihren Brexit-Vertrag, war Theresa Mays Ton genervt, als sie zusammenfasste, wo das Land nun stehe. „Was wollt Ihr dann“, fragte sie. Das Votum gegen ihren Deal sage nichts darüber, was das Haus stattdessen wolle. Zweieinhalb Jahre nach der Volksabstimmung ist im Königreich wieder alles offen. Wer will was in Großbritannien?
Gäbe es so etwas wie eine eindeutige Mehrheitsmeinung der Briten zum Brexit, wäre die politische Klasse Großbritanniens vielleicht nie so tief im Schlamassel versunken wie sie es getan hat. Doch schon beim ursprünglichen Brexit-Referendum 2016 zeigte sich das Land tief gespalten – die Befürworter eines Ausstiegs gewannen die Abstimmung denkbar knapp mit 51,9 Prozent. Neuere Umfragen zeigen kaum ein eindeutigeres Bild, die Werte pro und contra Brexit schwanken seit zwei Jahren im einstelligen Prozentbereich um die 50-Prozent-Marke herum.
Wie die Bevölkerung zum Brexit steht, hängt außerdem sehr davon ab, wo man fragt: In Schottland und Nordirland, wo die Wähler im Referendum 2016 mit 62 beziehungsweise 56 Prozent gegen den Brexit gestimmt hatten, fällt heute die Zustimmung für eine Rücknahme der Entscheidung auch deutlich größer aus als in England.
Bei der Konservativen Partei, die mit Theresa May derzeit die Premierministerin stellt, war Europa schon immer der ewige Spaltpilz. Auch über den richtigen Brexit-Kurs ist die Partei tief zerrissen. Während die Parteibasis eher einen harten Schnitt wünscht, überwiegen innerhalb der Regierungsfraktion die Befürworter eines weichen Brexit.
Lautstark und wirkungsmächtig, auch wenn sie nur über etwa 60 Mitglieder verfügt, ist die European Research Group (ERG), ein Zusammenschluss von Brexit-Ultras innerhalb der Fraktion. May hat bisher stets versucht, sie zu beschwichtigen. Nachdem sie der ERG die größte Niederlage ihrer Amtszeit zu verdanken hat, wird sie jetzt vielleicht überlegen, mit den moderaten Kräften, vor allem bei Labour, zusammen zu arbeiten. Aber wenige Beobachter halten es für wahrscheinlich, dass May ihre Position derart aufweichen kann, ein Verbleiben im Binnenmarkt oder eine Handelsbeziehung zu verfolgen, wie Norwegen sie mit der Europäischen Union hat. Am Montag will die Regierung einen Vorschlag auf den Tisch legen, wie es weitergehen kann.
Die mit Abstand größte Oppositionsfraktion stimmte am Dienstagabend fast geschlossen gegen Mays Deal, nur drei Abgeordnete wichen von der Parteilinie ab und stützten die Premierministerin. Der Parteivorsitzende Jeremy Corbyn will vor allem eines: Neuwahlen, um die Tories nach acht langen Jahren als Regierungspartei abzulösen. „Diese Regierung“, sagte Corbyn am Mittwoch in der Debatte um einen Misstrauensantrag gegen May, „hat unser Land im Stich gelassen, sie kann nicht regieren.“Labour sammelt deshalb nun Unterschriften für eine Neuwahl.
Doch was ein möglicher Sieg von Labour und ein Premierminister Corbyn für den Brexit bedeuten würden, ist nicht klar. Der Parteichef selbst ist eher EU-kritisch und hat angekündigt, den Brexit durchziehen zu wollen. In seiner Fraktion gibt es allerdings eine klare Mehrheit von EU-Freunden, die entweder ein zweites Referendum oder einen weichen Brexit wollen. Ob und wann sich der Oppositionsführer dazu durchringen kann, nach einem zweiten Referendum zu rufen, ist im Moment die große Frage.
Ein zweites Referendum wollen – mit Ausnahme der nordirischen DUP – auch die anderen Oppositionsparteien Westminsters sehen. Für die Liberaldemokraten und die Grünen gehört die Unterstützung eines zweiten Referendums zum Selbstverständnis, aber auch die Nationalisten von der schottischen SNP oder der walisischen Plaid Cymru stehen für eine Umkehr des Brexit. Die Abgeordneten all dieser Parteien hatten deswegen gegen Mays Vertrag gestimmt.
Für Nordirland steht viel auf dem Spiel: Die sechs Counties im Norden der irischen Insel sind – neben Gibraltar – der einzige Teil des Königreichs, der eine Landgrenze zur EU hat, noch dazu eine mit einer komplizierten und schmerzhaften Geschichte. 61 Prozent der Nordiren haben sich deshalb in einer Umfrage dafür ausgesprochen, den Brexit lieber zu kippen, als eine harte Grenze zu riskieren.
Auch für die meisten nordirischen Parteien ist die Priorität deshalb, dass an der Grenze zur Republik Irland nicht wieder Polizei und Zollbeamte auftauchen. Das will auch Dublin verhindern.
Ein Großteil der Wirtschaft in Großbritannien wünscht sich einen Exit vom Brexit. Und wenn das nicht möglich ist, dann doch zumindest einen weichen Brexit mit einer engen Anlehnung an die Europäische Union. Nur wenige Unternehmen sehen die ökonomischen Chancen, die BrexitHardliner mit einem Ausstieg ohne Vertrag verbinden.