Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

Gera ist schnell

Bauerfeind AG lobt die Stadt für Engagement bei Aufbau der Niederlass­ung. Produktion soll bis 2021 ausgebaut werden

- Von Florian Girwert

Die Uhr hinten an der Wand der kleinen Fertigungs­halle ist stehen geblieben. Dabei beginnt hier unterm leisem Nähmaschin­en-Rattern gerade ein Teil der Zukunft der Firma Bauerfeind. 100 Tage läuft die Produktion am Standort im Gewerbepar­k Keplerstra­ße in Gera mittlerwei­le. 22 Mitarbeite­r sind bisher am Standort, bis 2021 sollen es 120 werden. Mehr als 1000 arbeiten bereits in Zeulenroda. Der Hersteller medizinisc­her Hilfsmitte­l wie Bandagen und Orthesen hat sich neben dem Hauptstand­ort dort Anfang des Jahres umgesehen, um eine Niederlass­ung zu eröffnen. „Wir haben in maximal 200 Kilometern Entfernung gesucht“, sagt Bauerfeind-Technikvor­stand Andreas Lauth. „Gera war schnell.“Zudem seien die Bedingunge­n hier gut.

Oberbürger­meister Julian Vonarb (parteilos) wirkt zufrieden: „Wir wollten nicht, dass andere schneller sind“, sagt er bei der Besichtigu­ng des neuen Standorts. Eine ganze Reihe von Immobilien – nicht nur städtische – habe man Bauerfeind vorgeschla­gen. Man hofft auf Sogwirkung des Arbeitgebe­rs mit dem klangvolle­n Namen. „Vielleicht entscheide­n sich so mehr Menschen für eine Ausbildung im Textilbere­ich“, so Vonarb.

In den Augen von Lars Eulitz, Fertigungs­leiter für Orthesen und Einlagen an beiden Standorten, ist man nach Gera vor allem wegen der Mitarbeite­r gekommen. „Das wird in Zeulenroda immer schwierige­r“, berichtet er. In Gera hofft man nicht zuletzt auf die Vorteile des einst großen Textilstan­dorts. Von den bisher 22 neuen Mitarbeite­rn haben sieben einen berufliche­n Hintergrun­d aus diesem Bereich: „Sie waren früher mal Näherin oder haben in der Vergangenh­eit vielleicht Gardinen in einem Möbelhaus individuel­l zugeschnit­ten.“Aber wer das einmal gelernt habe, könne das in der Regel auffrische­n. Auch Technikvor­stand Lauth sagt, der Arbeitsmar­kt sei angespannt – auf der anderen Seite sollten die Maschinen möglichst viele Stunden pro Woche laufen. Ein Teil der Fertigung ist auf einen Zwei-Schicht-Betrieb ausgelegt, bei den Näherinnen ist es eine Schicht. Keines der Produkte wird ausschließ­lich in Gera hergestell­t. Tatsächlic­h werden zum Beispiel die Bestandtei­le einer Sprunggele­nk-Bandage in Zeulenroda gestrickt und in Gera zum Beispiel von Carola Lochow zusammenge­näht, die seit Juli am neuen Standort arbeitet. Routiniert lässt sie ihre Nähmaschin­e rattern.

Zugriff auf bis zu 4000 Quadratmet­er Fläche hat man sich oben in der Keplerstra­ße gesichert, die Investitio­n ist in siebenstel­liger Höhe geplant. „Die Räume waren vorher sehr kleinteili­g, etliche Wände sind für unseren Bedarf vom Vermieter entfernt worden“, sagt der Technikvor­stand. Indes richtet die Bundesagen­tur für Arbeit weiter Informatio­nsveransta­ltungen für potenziell­e Arbeitnehm­er aus, ein Bildungstr­äger kümmert sich um die Sichtung möglicher neuer Mitarbeite­r. Einige haben auf diesem Weg bereits zu Bauerfeind gefunden, gerade im Bereich des sogenannte­n textilen Schweißens. Dabei werden unterschie­dliche Komponente­n einer Orthese oder Bandage durch Hitze verbunden. Hier kommt es darauf an, dass Kunststoff­e und Textilbest­andteile korrekt in die Maschine gebracht und anschließe­nd auf Qualität überprüft werden. Gerade die Näherinnen könnten sich aber weiter spezialisi­eren, bis hin zur Herstellun­g von maßgeschne­iderten Produkten.

Ausgebilde­t wird derzeit am Standort Gera noch nicht. „Das wäre zu früh gewesen“, sagt Lars Eulitz. Aber nächstes Jahr sollen die ersten Auszubilde­nden in der Keplerstra­ße anfangen.

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Bauerfeind hat gestern zur Besichtigu­ng der neuen Produktion­sstätte im Gewerbegeb­iet Keplerstra­ße in Gera eingeladen. Carola Lochow ist gelernte Damenmaßsc­hneiderin und näht jetzt unter anderem Sprunggele­nkbandagen.
 ?? FOTOS (): PETER MICHAELIS ?? Fertigungs­leiter Lars Eulitz (links) mit Geras Wirtschaft­sförderer Tobias Werner.
FOTOS (): PETER MICHAELIS Fertigungs­leiter Lars Eulitz (links) mit Geras Wirtschaft­sförderer Tobias Werner.

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