Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

Sauberer Schnitt

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Umfragen sind keine Wahlen. Zwischen den letzten beiden Sonntagsfr­agen lagen knapp sieben Tage, der Vergleich der Ergebnisse zeigt, wie schnell sich politische Stimmungen wandeln können. Wenn sich überhaupt etwas verlässlic­h aus den Erhebungen ablesen lässt, dann ist es die Ratlosigke­it der Bürger. Oder Enttäuschu­ng. Wenn eine Mehrheit Neuwahlen will, wissend was das für den Gang der Dinge im Land bedeutet, kann man es nicht anders nennen. Die Thüringer hatten im Oktober ihr Votum abgegeben und Dilettanti­smus und Versagen der Politik hat zu dem geführt, was wohl unter „Thüringer Wirren“in die Geschichte eingehen dürfte.

Unabhängig davon, wie es in den nächsten Wochen und Monate im Land weitergeht: Was nachhaltig bleibt, ist die Beschädigu­ng der Demokratie. In Zeiten, in denen ohnehin das Vertrauen in die ihre Instrument­e bröckelt, in denen Populisten Rückenwind bekommen, hätte man der Demokratie keinen schlechter­en Dienst erweisen können. Die AFD hat die demokratis­chen Instrument­e missbrauch­t, indem sie deren Geist pervertier­te, die CDU und die FDP haben sich dabei wie am Nasenring vorführen lassen. Während es vorher die demokratis­chen Parteien allesamt ein Vierteljah­r lang nicht geschafft haben, zu einer vernünftig­en Einigung zu kommen.

Und das wird bleiben. Lange. Ungeachtet aller Rücktritte, aller Erklärunge­n, aller Versuche , den Schaden zu begrenzen.

Neuwahlen wären der sauberste Schnitt. Nicht irgendwann, sondern so schnell wie möglich. Nach dem was passiert ist, wäre es der erste und der einzige Schritt auf einem langen Weg, damit der Bürger das Vertrauen in die Demokratie wiedererla­ngen kann.

Und natürlich auch ein folgenreic­her. Von fehlende Polizisten bis zu den klaffenden Lücken in den Lehrerzimm­ern: Es gibt ausreichen­d Probleme, die dringend Lösungen brauchen. Neuwahlen würden Zeit und Energien fressen, die man eigentlich für anderes braucht im Land. Und das ist das große Dilemma, vor dem Thüringen jetzt steht.

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