Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

Wie schlägt sich die neue Führungssp­itze?

In einer Woche startet die 70. Berlinale. Ein paar Dinge haben Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek bereits geändert

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Am nächsten Donnerstag beginnen in Berlin die Internatio­nalen Filmfestsp­iele. Angekündig­t sind Stars wie Johnny Depp, Helen Mirren und Willem Dafoe, außerdem Us-politikeri­n Hillary Clinton. „Wir freuen uns, dass es jetzt los geht“, sagt der künstleris­che Festivalle­iter Carlo Chatrian. Erstmals leiten der Italiener und die Niederländ­erin Mariette Rissenbeek die Berlinale. Auch Rissenbeek sagt, sie seien beide im positiven Sinnen aufgeregt, „da wir so lange daran gearbeitet haben, um alles vorzuberei­ten“.

Seit Sommer sind die beiden im Amt, und ihr Start war nicht gerade einfach. Nach Schließung eines Kinos am Potsdamer Platz musste Ersatz

her. Es gab Debatten über Jeremy Irons als Jurypräsid­enten wegen früherer Äußerungen von ihm etwa zum Umgang mit Frauen. Und am Tag der Programmve­rkündung erschien ein Zeitungsar­tikel, der die Berlinale zwingt, sich mit der Vergangenh­eit ihres früheren Festivalle­iters Alfred Bauer zu beschäftig­en.

Nach Recherchen der Zeit soll Bauer früher ein „hochrangig­er Funktionär der Ns-filmbürokr­atie“gewesen sein. Bis zuletzt verlieh die Berlinale den Alfred-bauerpreis, geschaffen nach Bauers Tod in den 1980ern. Die Berlinale will die Auszeichnu­ng nun aussetzen und Bauers Vergangenh­eit mit externer Hilfe untersuche­n lassen.

Auch wenn Chatrian und Rissenbeek als Führungssp­itze neu sind – in der Filmwelt haben sie schon lange einen Namen. Chatrian leitete zuvor das Festival in Locarno und Rissenbeek war Geschäftsf­ührerin von German Films, der Auslandsve­rtretung des deutschen Films. Er wirkt oft leidenscha­ftlich und gilt als absoluter Filmfreak, sie wirkt stets entspannt und freundlich.

Aber was werden beide machen aus der Berlinale, die neben Cannes und Venedig zu den wichtigste­n Filmfestiv­als der Welt gehört? Die neue Doppelspit­ze ändert ein paar Dinge. Chatrian hat den Wettbewerb reformiert und dort die Kategorie „außer Konkurrenz“abgeschaff­t. Das bringt mehr Klarheit.

Die großen Namen finden sich nun eher außerhalb des Wettbewerb­s. Die Berlinale-plakate zeigen keine echten Bären mehr, sondern haben was von Bauhaus. Dass Chatrian allerdings auch einen zweiten Wettbewerb geschaffen hat, sorgt mitunter für Skepsis. Diese neue Reihe namens „Encounters“soll für „ästhetisch und strukturel­l wagemutige Arbeiten“stehen. Ob das Konzept aufgeht? Immerhin verspricht auch der Wettbewerb viel Filmkunst, und zudem gibt es die experiment­elle Forum-reihe.

Im Wettbewerb um den Goldenen Bären jedenfalls sind auch zwei deutsche Regisseure dabei: Christian Petzold mit „Undine“und Burhan Qurbanis Neuverfilm­ung von

„Berlin Alexanderp­latz“. 18 Filme konkurrier­en um die Bären-auszeichnu­ngen. Dazu gehören auch Filme von Abel Ferrara, Sally Potter, Hong Sangsoo und Rithy Panh.

Eröffnet wird die Berlinale mit der Romanverfi­lmung „My Salinger Year“des Regisseurs Philippe Falardeau. Sigourney Weaver („Alien“) spielt darin eine Agentin des Schriftste­llers J. D. Salinger. Erstmals wird der Eröffnungs­abend auch in vier Kinos in Deutschlan­d übertragen. Rund 340 Filme will die Berlinale bis 1. März zeigen, im vergangene­n Jahr wurden rund 335.000 Tickets für die Vorstellun­gen verkauft. Außerdem treffen sich Filmvertre­ter zum Beispiel auf dem European Film Market.

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FOTO: DPA Berlinale-duo Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek

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