Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Gegen die Wand
Schwächen beim Stehendschießen: Deutsche Mixedstaffel bei der Biathlon-wm nur Vierter
Immer wieder streckte Dominik Windisch die Arme in die Höhe und schrie seine Freude heraus. Und die hoch aufragende, kunterbunte Tribünen-wand mit 15.000 Zuschauern jubelte begeistert zurück. Für den Jungen aus dem Antholzertal, der 2007 als Wm-vorläufer den Stars noch die Spur gelegt hatte, ging mit der Silbermedaille im Mixedstaffel-rennen ein Kindheitstraum in Erfüllung. Gleichzeitig sorgte sein Team für einen glänzenden Start der Gastgeber in die Titelkämpfe. Den Sieg holten sich die favorisierten Norweger vor den überraschend starken Tschechen.
Für Deutschland reichte es nur zum undankbaren vierten Platz. „Wir haben unser Medaillenziel nicht erreicht. Daher ist es schon enttäuschend“, gab Arnd Peiffer unumwunden zu und bemängelte „stehend deutlich zu viele Nachlader“. Während Tschechien beispielsweise nur zwei Extrapatronen benötigte, musste die deutsche Staffel elfmal nachladen; zehnmal davon allein im stehenden Anschlag. Eine Hypothek, die auf der kurzen Distanz
– wie die Frauen liefen auch die Männer jeweils nur sechs Kilometer – nicht zu kompensieren war.
Schon auf dem ersten Teilstück geriet das mitfavorisierte Quartett unter Zugzwang. Franziska Preuß hatte sichtlich Mühe, mit den Besten mitzuhalten. Die gute Schützin musste dem hohen Tempo am Schießstand Tribut zollen, leistete sich drei Fehler und wechselte 34,9 Sekunden hinter den von Beginn an führenden Norwegern als Elfte. Entsprechend selbstkritisch gab sich die Bayerin hinterher: „Es war der Wurm drin. Ich weiß auch, dass ich besser schießen kann, doch ich war extrem wackelig auf den Beinen. Trotzdem hätte ich Denise gern weniger Rückstand mitgegeben.“
Die gute halbe Minute schmolz zunächst schneller als der Schnee in der Südtiroler Mittagssonne. Denise Herrmann zündete den Turbo und hatte auch dank einer makellosen Liegendprüfung die Führenden alsbald eingeholt. Allerdings erwischte sie es stehend noch heftiger als Preuß; am Ende ging es sogar in die Strafrunde. „Es tut mir wirklich leid“, meinte die Sächsin später und widersprach Vermutungen, sie hätte sich bei ihrer Aufholjagd übernommen. Doch der Abstand auf die Spitze war bei Rennhälfte auf 41,4 Sekunden angewachsen.
Ein Rucksack, der schwerer wog als noch vor 13 Jahren in Antholz. Erstmals ins Wm-programm integriert, wurde die gemischte Staffel damals eher milde belächelt. Mittlerweile ist aus dem ungeliebten Kind ein prestigeträchtiger Wettbewerb geworden. Anstelle der Reservisten wie einst schickten die 27 teilnehmenden Nationen an diesem Donnerstag ihre Besten ins Rennen. So waren von Peiffer und Benedikt Doll nahezu perfekte Darbietungen gefordert.
Allerdings setzten auch sie die deutsche Stehend-schwäche fort; zielten dreimal (Peiffer) und zweimal (Doll) daneben und verloren so die angestrebte Medaille vollends aus den Augen. Mehr als der Platz direkt neben dem Treppchen sprang nicht heraus. Und Schlussläufer Doll hatte, als er um die letzte Kurve bog, keinen Blick übrig für die pulsierende Zuschauer-wand.
Der Frust saß tief.