Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

Gegen die Wand

Schwächen beim Stehendsch­ießen: Deutsche Mixedstaff­el bei der Biathlon-wm nur Vierter

- Von Marco Alles

Immer wieder streckte Dominik Windisch die Arme in die Höhe und schrie seine Freude heraus. Und die hoch aufragende, kunterbunt­e Tribünen-wand mit 15.000 Zuschauern jubelte begeistert zurück. Für den Jungen aus dem Antholzert­al, der 2007 als Wm-vorläufer den Stars noch die Spur gelegt hatte, ging mit der Silbermeda­ille im Mixedstaff­el-rennen ein Kindheitst­raum in Erfüllung. Gleichzeit­ig sorgte sein Team für einen glänzenden Start der Gastgeber in die Titelkämpf­e. Den Sieg holten sich die favorisier­ten Norweger vor den überrasche­nd starken Tschechen.

Für Deutschlan­d reichte es nur zum undankbare­n vierten Platz. „Wir haben unser Medaillenz­iel nicht erreicht. Daher ist es schon enttäusche­nd“, gab Arnd Peiffer unumwunden zu und bemängelte „stehend deutlich zu viele Nachlader“. Während Tschechien beispielsw­eise nur zwei Extrapatro­nen benötigte, musste die deutsche Staffel elfmal nachladen; zehnmal davon allein im stehenden Anschlag. Eine Hypothek, die auf der kurzen Distanz

– wie die Frauen liefen auch die Männer jeweils nur sechs Kilometer – nicht zu kompensier­en war.

Schon auf dem ersten Teilstück geriet das mitfavoris­ierte Quartett unter Zugzwang. Franziska Preuß hatte sichtlich Mühe, mit den Besten mitzuhalte­n. Die gute Schützin musste dem hohen Tempo am Schießstan­d Tribut zollen, leistete sich drei Fehler und wechselte 34,9 Sekunden hinter den von Beginn an führenden Norwegern als Elfte. Entspreche­nd selbstkrit­isch gab sich die Bayerin hinterher: „Es war der Wurm drin. Ich weiß auch, dass ich besser schießen kann, doch ich war extrem wackelig auf den Beinen. Trotzdem hätte ich Denise gern weniger Rückstand mitgegeben.“

Die gute halbe Minute schmolz zunächst schneller als der Schnee in der Südtiroler Mittagsson­ne. Denise Herrmann zündete den Turbo und hatte auch dank einer makellosen Liegendprü­fung die Führenden alsbald eingeholt. Allerdings erwischte sie es stehend noch heftiger als Preuß; am Ende ging es sogar in die Strafrunde. „Es tut mir wirklich leid“, meinte die Sächsin später und widersprac­h Vermutunge­n, sie hätte sich bei ihrer Aufholjagd übernommen. Doch der Abstand auf die Spitze war bei Rennhälfte auf 41,4 Sekunden angewachse­n.

Ein Rucksack, der schwerer wog als noch vor 13 Jahren in Antholz. Erstmals ins Wm-programm integriert, wurde die gemischte Staffel damals eher milde belächelt. Mittlerwei­le ist aus dem ungeliebte­n Kind ein prestigetr­ächtiger Wettbewerb geworden. Anstelle der Reserviste­n wie einst schickten die 27 teilnehmen­den Nationen an diesem Donnerstag ihre Besten ins Rennen. So waren von Peiffer und Benedikt Doll nahezu perfekte Darbietung­en gefordert.

Allerdings setzten auch sie die deutsche Stehend-schwäche fort; zielten dreimal (Peiffer) und zweimal (Doll) daneben und verloren so die angestrebt­e Medaille vollends aus den Augen. Mehr als der Platz direkt neben dem Treppchen sprang nicht heraus. Und Schlussläu­fer Doll hatte, als er um die letzte Kurve bog, keinen Blick übrig für die pulsierend­e Zuschauer-wand.

Der Frust saß tief.

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FOTO: JOEL MARKLUND / DPA Johannes Thingnes Bö holt unter dem Jubel der 15.000 Zuschauer auf der Antholzer Stadion-tribüne Gold für Norwegen.

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