Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Auf dem Abstellgleis
Emil Forsberg kommt bei Fußball-bundesligist RB Leipzig nicht mehr richtig zum Zug
Er habe „gut trainiert,“sagte Julian Nagelsmann Donnerstagmittag auf der Pressekonferenz vor dem Heimspiel von RB Leipzig gegen Werder Bremen (Samstag, 15.30 Uhr). Und auch alle anderen Symptome, versicherte der Coach, deuteten darauf hin, dass Emil Forsberg immer noch Emil Forsberg sei: Angestellter des Clubs, der über drei Millionen Euro im Jahr verdient und dies mit einer angemessenen Arbeitsauffassung rechtfertige: „Er hat gestern gut trainiert.“
Was immer das heißen mag: Nagelsmann gelang es nur zum Teil kleinzuhalten, was sich seit Wochenbeginn aus dem Instagram-account von Forsbergs Ehefrau Shanga in die Rb-akademie am Cottaweg geschlichen und das Zeug dazu hat, Unruhe zu stiften. 90 Minuten hatte der Schwede beim 0:0 vorigen Sonntag gegen die Bayern auf der Bank gesessen, wie auch schon beim Pokal-aus in Frankfurt wenige Tage zuvor. Sehr zum Missfallen seiner Gattin, die noch während der Partie eine Botschaft an ihren Mann verschickte: „Es gibt keine Person auf dieser Welt, der es erlaubt ist, dich wie Dreck zu behandeln. Vergiss das nicht!“
Wie Forsberg darauf reagierte? Er schwieg. Nicht einmal sein Berater Hasan Cetinkaya meldete sich – und der meldet sich sonst immer. Auch der Club ließ sich zu keinem Statement hinreißen. Aussitzen lautet die Devise. Nur Nagelsmann kommentierte den Vorgang. Es habe kein Gespräch mit Forsberg darüber gegeben, sagte der 32-Jährige. Warum auch? „Ich bin nicht in der Bringschuld!“Wer aber dann?
So sehr sich Nagelsmann bemühte, die Causa kleinzuhalten, sie wird ihn bis zum Sommer vermutlich weiterverfolgen, denn Forsberg ist nicht irgendwer in Leipzig, sondern einer der Routiniers, die schon in Liga zwei dabei waren.
Der Spielmacher kam Januar 2015 aus Malmö nach Sachsen und schoss in 162 Spielen bis dato 36 Tore. 52 weitere legte er auf, davon 22 in der ersten Bundesliga-saison vor dreieinhalb Jahren: ein Rekord für die Annalen der 1. Liga.
So einen setzt man nicht ohne Nebengeräusche siebenmal schon in dieser Saison für 90 Minuten auf die Bank und reduziert ihn auf einen Spieler mit „Geistesblitzen“, womit Nagelsmann erklärte, warum der schwedische Nationalspieler bislang nur 14 Partien bestritt, ganze zehn davon ab Minute eins.
Mit Geistesblitzen meinte der Coach Forsbergs zwölf Torbeteiligungen in dieser Saison (acht Treffer, vier Vorlagen), darunter das Nachspielzeit-2:2 gegen Benfica Lissabon war, mit dem sich RB für das Achtelfinale der Champions League qualifizierte.
Diese Ausnahme-momente habe Forsberg „immer“, fügte sein Coach hinzu. Aber: „In gewissen Spielen sind auch andere Tugenden gefragt. Das entscheidet sich von Spiel zu Spiel.“Zumal das mit den Geistesblitzen kein Alleinstellungsmerkmal des Schweden mehr sei. „Seine Komponente, die Emil ins Spiel bringt, haben wir auch auf anderen Positionen“beziehungsweise lassen sich bei anderen finden: Bei Christopher Nkunku etwa und Dani Olmo, dessen Verpflichtung im Winter auch eine Botschaft an Forsberg gewesen ist.
Kann er gehen? Wie auch immer die Antwort in einem halben Jahr ausfallen wird, Forsberg ist seinen Status als Leistungsträger für den Moment auf alle Fälle los. Allein an seinen Konkurrenten liegt das freilich nicht, auch nicht an so schwachen Auftritten wie unlängst beim 2:2 gegen Gladbach, als ihn Nagelsmann in der Pause vom Feld nahm. Sondern ebenso an Forsbergs Leisten, die seit zwei Jahren chronisch anfällig sind und kaum noch drei, vier Spiele über die volle Länge am Stück erlauben. Dennoch ist der Umgang mit Forsberg ein Belastungstest nicht nur für den Coach, sondern auch den Verein.
Neben dem Spielmacher ist auch Fan-liebling Yussuf Poulsen nach einer starken Vorsaison mittlerweile nur noch Ergänzungsspieler beziehungsweise Puzzlestein in den Überlegungen seines Trainers.