Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

Bürger gegen Scheinkand­idaten

Mehrheit der Thüringer gegen Täuschungs­manöver bei der Wahl des Ministerpr­äsidenten

- Von Elena Rauch

Nach dem Abstimmung­sdesaster bei der Ministerpr­äsidentenw­ahl im Landtag erwartet die große Mehrheit der Thüringer von den Parteien, dass sie keinen Kandidaten aufstellen, wenn sie diesen gar nicht wählen. In einer Umfrage des Insa-instituts sprachen sich 75 Prozent der Befragten gegen ein solches Manöver aus.

Der Erfurter Politikwis­senschaftl­er André Brodocz wertet dieses klare Votum als Wunsch der Bürger nach mehr Transparen­z in der Politik. Die Möglichkei­t, ein solches Taktieren gesetzlich zu verhindern, sieht er nicht. Man habe in Thüringen gesehen, dass ein Parlament mit einer sehr schwierige­n Regierungs­bildung konfrontie­rt werden kann. Als Konsequenz müssten die Bürger künftig vor den Wahlen bei den Spitzenkan­didaten der Parteien konsequent eine klare Positionie­rung für alle denkbaren Konstellat­ion einfordern.

Die Meinungsfo­rscher hatten im Auftrag dieser Zeitung das aktuelle politische Stimmungsb­ild der Thüringer

ermittelt. Darin sprach sich fast die Hälfte der Befragten dafür aus, dass bei einer Wiederholu­ng der Wahl Cdu-abgeordnet­e Bodo Ramelow ihre Stimme geben sollten. Die öffentlich gestellte Bedingung der Linken, ihn nur bei einer vorherigen Stimmen-zusicherun­g von Cdu-parlamenta­riern noch einmal ins Rennen zu schicken, ist für Brodocz allerdings problemati­sch. Aus seiner Sicht stellt es die Grundsätze des freien Mandats ein Stück weit infrage, wonach ein Abgeordnet­er nur seinem Gewissen gegenüber verpflicht­et ist. „Man hätte ausschließ­lich mit guten Argumenten um die Stimmen werben müssen“, so Brodocz.

Durch diesen Druck werde das Aushandeln wie ein Machtkampf inszeniert, das erzeuge nun Trotz und Ablehnung, man komme kein Stück weiter.

Eine Mehrheit von 57 Prozent sprach sich für eine Neuwahl aus. Dafür plädiert auch der Politologe. Wahlen seien die einzige Möglichkei­t der Bürger, Politiker für ihr Handeln zur Rechenscha­ft zu ziehen. „Je schneller sie die Chance dafür bekommen, umso stärker wird das ins Gewicht fallen.“

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GLOSSE Herr Bärsch erklärt

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