Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Vorstoß für Tempolimit gescheitert
Bundesrat lehnt Begrenzung auf 130 Stundenkilometer ab. Abschuss von Wölfen erleichtert
Ein erneuter Vorstoß für ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen ist im Bundesrat gescheitert. Ein Vorschlag des Umweltausschusses der Länderkammer für eine generelle Beschränkung von 130 Kilometern pro Stunde fand am Freitag im Plenum der Länderkammer wie erwartet keine Mehrheit.
Umweltverbände reagierten enttäuscht. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bekräftigte sein Nein zu einem Limit. Scheuer sagte, man könne das Thema jetzt alle zwei Wochen „bis zur Erschöpfung diskutieren“. Es gebe für Autobahnen aber ein bewährtes und erfolgreiches System, das auch so fortgesetzt werden sollte. Der Minister verwies auf die empfohlene Richtgeschwindigkeit von 130, außerdem gebe es auf etwa einem Drittel des Autobahnnetzes schon Tempobeschränkungen. „Meine Politik ist nicht Limit, Verbot, Verzicht, sondern Eigenverantwortung“, betonte Scheuer.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisierte hingegen, die Länder hätten eine Chance verpasst, ein klares Zeichen für eine Verkehrswende zu setzen. Stattdessen werde weiter der „freien Fahrt für freie Bürger“das Wort geredet. Die Deutsche Umwelthilfe rief die Deutschen auf, mit einer Unterschrift bei ihrer Initiative „Tempolimit jetzt“mitzumachen.
Weiteres Thema im Bundesrat: der Radverkehr. Fahrradfahren in Städten soll sicherer und attraktiver werden. Die Länderkammer stimmte einer Reform der Straßenverkehrsordnung (STVO) zu – vorgesehen sind unter anderem konkrete Mindestabstände beim Überholen von Radfahrern. Autofahrern sollen außerdem höhere Bußgelder drohen, wenn sie in zweiter Reihe oder auf Geh- und Radwegen parken.
Wichtige Bauprojekte für den Zug- und Schiffsverkehr können künftig schneller umgesetzt werden. Der Bundesrat beschloss in seiner Sitzung, dass 13 ausgewählte große Vorhaben per Gesetz vom Bundestag genehmigt werden können. Das soll das normale und oft langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren verkürzen. Hintergrund ist der Plan, für mehr Klimaschutz Verkehr von der Straße auf die Schiene und auf Wasserstraßen umzuleiten.
Verurteilungen wegen Kindesmissbrauchs sollen nach dem Willen der Länder lebenslang gespeichert werden. Sexual- und Kinderpornografiedelikte würden künftig immer Eingang in das erweiterte Führungszeugnis finden – mit einem entsprechenden Gesetzentwurf soll sich der Bundestag befassen. Derzeit werden solche Verurteilungen nach drei bis zehn Jahren nicht mehr in das erweiterte Führungszeugnis aufgenommen. Dieses ist für den ehrenamtlichen oder beruflichen Umgang mit Minderjährigen nötig.
Auch Ermittlungen gegen das sogenannte Cybergrooming, bei dem Pädophile online Kontakt zu Kindern
suchen, werden leichter. Der Bundesrat billigte bereits vom Bundestag beschlossene Verschärfungen. Schon der Versuch eines sexuellen Kontakts zu Kindern im Internet wird strafbar, auch wenn Täter es mit Ermittlern zu tun haben, die sich nur als Minderjährige ausgeben. Fahnder dürfen zudem computergenerierte Missbrauchsvideos nutzen und sich so Zugang zu einschlägigen Plattformen verschaffen. Voraussetzung ist die Genehmigung durch einen Richter.
Wölfe können künftig nach Angriffen auf Nutztiere leichter abgeschossen werden. Der Bundesrat stimmte einer neuen Regelung zu, die den Abschuss auch dann erlaubt, wenn nicht klar ist, welches Raubtier genau etwa Schafe gerissen hat – und zwar so lange, bis es keine weiteren Schäden mehr gibt. Das Naturschutzgesetz wird zudem so umformuliert, dass auch Schäden bei Hobbytierhaltern die Jagd auf Wölfe rechtfertigen. Es bleibt aber dabei, dass jeder Abschuss einzeln genehmigt werden muss.
Schließlich befasste sich die Länderkammer mit der Reform der Organspende. Die Bürger in Deutschland sollen sich künftig regelmäßig mit dem Thema Organspende befassen müssen. Alle Bürger sollen mindestens alle zehn Jahre beim Ausweisabholen darauf angesprochen werden.
„Meine Politik ist nicht Limit, Verbot, Verzicht, sondern Eigenverantwortung.“Andreas Scheuer (CSU), Bundesverkehrsminister