Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Dem Himmel ein Stück näher
In Salt Lake City rücken die Thüringer Eisschnellläufer dem Himmel jedes Mal ein Stück näher. Wenn auch nur um eine Winzigkeit. 1288 Meter hoch liegt das Eisoval am großen Salzsee und damit höher als alle Thüringer Berge. Und immer ist es so, dass die Erfurter Kufenflitzer ausgerechnet hier auf Wolke sieben schweben.
Das hat Gunda Niemann-stirnemann mit Doppel-gold bei der WM 2001 ebenso geschafft wie Sabine Völker mit drei olympischen Medaillen bei den Winterspielen ein Jahr später. 2007 kehrte Daniela Anschütz-thoms mit Teambronze von der Weltmeisterschaft aus Salt Lake City nach Hause.
Und nun Patrick Beckert. Sein dritter Platz bedeutet nicht nur für ihn selbst einen wichtigen Meilenstein. Die erste internationale Medaille für einen deutschen Eisschnellläufer seit drei Jahren war ein ganz wichtiges Zeichen für einen Verband, der gerade um eine neue Führungsspitze ringt und in Zeiten klammer Kassen jedes Achtungszeichen dringend gebrauchen kann. Für ihn persönlich ist es die Bestätigung seines eigenen Weges. Der Zweimannbetrieb, mit Bruder Pedro als Trainingspartner, er floriert. Und: Was vielen Athleten oft nicht gelingt, hat er geschafft. Nämlich genau am wichtigsten Tag des Jahres tatsächlich auch seine beste Leistung abzurufen.
Ganz nebenbei hat Beckert seinem Verein einen Dienst erwiesen. Immerhin starten am kommenden Wochenende fünf Talente vom ESC Erfurt bei der Junioren-weltmeisterschaft in Polen. Sie haben nun aus dem fernen Amerika eine Steilvorlage erhalten und gesehen: Mit beharrlichem Training kann ein Erfurter Eisschnellläufer nach wie vor durchaus in der Weltspitze landen. Wie Patrick Beckert gerade in Salt Lake City.
Patrick Beckert verließ nach der Siegerehrung den Innenraum der Eisschnelllauf-halle von Salt Lake City und hielt die dritte Bronzemedaille seiner Karriere fest in den Händen. Als wollte der Langstreckenspezialist sicherstellen, dass die Plakette nicht verloren geht. „Seit zwei Jahren sind die Medaillen viel größer. Deshalb wollte ich unbedingt auch so eine haben“, sagte der Erfurter – und grinste.
Mit der schnellsten Schlussrunde des gesamten Feldes und einer perfekten Einteilung seiner Kräfte über 10.000 Meter eroberte der 29-jährige Sportsoldat nicht nur das Treppchen bei der Einzelstrecken-wm auf dem Olympia-oval von 2002. Rang drei garnierte er zudem mit deutschem Rekord, den alten verbesserte er um fast fünf Sekunden.
Patrick Beckert wusste, bei wem er sich zu bedanken hatte. „Dieser Erfolg bedeutet mir sehr viel. Ich bin froh, dass mich der Verband zu 100 Prozent unterstützt hat. Da kann man sehen, was alles möglich ist“, sagte der Thüringer, nannte im gleichen Atemzug seinen sechs Jahre jüngeren Bruder Pedro und ließ es via Facebook all seine Fans wissen: „Wir haben es geschafft, Pedro!“Mit ihm absolviert er sein Training, die Einheiten gestalten sie in Eigenregie. Als Zweimannbetrieb.
Der Erfurter ist froh, dass sich nach Olympia vor zwei Jahren beim Verband einiges geändert hat. „Unter dem damaligen Sportdirektor und Bundestrainer wurde ich nicht gefördert, was bedeutete, dass es kein Geld für mich gab. Das ist jetzt komplett anders“, sagte Beckert, der bei den Winterspielen 2018 die Plätze sieben und zehn belegte. Die Deutsche Eisschnelllaufgemeinschaft (DESG) half ihm nun jedoch entscheidend weiter.
So konnte er nämlich fast vier Wochen vor der WM mit Unterstützung des Verbandes nach Salt Lake City reisen, um sich an die Gegebenheiten anzupassen. Das Olympic Oval gilt als schnellste Bahn der Welt. Aber wegen der Höhenlage auf 1288 Meter haben viele Eisschnellläufer mit der dünnen Luft Probleme. Auch der Erfurter hatte das in der Vergangenheit zweimal zu spüren bekommen. „Bei maximaler Belastung kann sich das anfühlen, als würde die Luft nicht bis in die Lungenspitzen kommen“, so Beckert. 14 Tage habe es gedauert, bis sein Körper sich so angepasst hatte, als würde er auf einer normalen Bahn im Flachland laufen. „Von
„Zu Hause gönne ich mir mit meiner Familie eine Pizza und eine Karte für ein Bayern-spiel.“Eisschnellläufer Patrick Beckert (29), ausgewiesener Fußball-fan des FC Bayern München, auf die Frage, wie er sich selbst für die dritte Wm-bronzemedaille seiner Karriere belohnt.