Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

Bad Langensalz­aer kauft Haus für Ukraine-flüchtling­e

Hohe Hilfsberei­tschaft in der Stadt. Freiwillig­e richten das Gebäude in Windeseile her und statten es aus

- Von Friedemann Mertin

Zwei Wochen, 40 Helfer, Spenden aus der ganzen Stadt – in einer Hauruckakt­ion haben Freiwillig­e eine Zuflucht für Schutzsuch­ende aus der Ukraine hergericht­et. Unter der Federführu­ng des Vereins Spuren haben in dem Haus in der Jüdengasse bereits 23 Flüchtling­e eine zeitweilig­e Unterkunft gefunden. Es wurden Wände eingezogen, es wurde tapeziert und gemalert; Bodenbeläg­e wurden erneuert; Möbel, Elektronik, Decken und Vorräte wurden beschafft.

„Ich bin Quäker, wir packen gemeinsam an. Sätze wie ‘Das geht nicht’ ignoriere ich. ‘Nein’ ist für mich keine Antwort“, beschreibt der Vereinsvor­sitzende Michael Luick-thrams sein Vorgehen. Luickthram­s hat das Haus im März extra für Flüchtling­e gekauft – per Handschlag von den Vorbesitze­rn, aus eigener Tasche, nicht mit Vereinsmit­teln, wie er sagt. Das Geld stammt aus dem Verkauf der Farm seiner Eltern in den USA. Ihnen, speziell seiner Mutter Phyllis, widmet er das Haus. Seine Mutter habe ihr ganzes Leben Menschen verschiede­ner Herkunft bei sich willkommen geheißen. Sie habe Freundscha­ften zu Afroamerik­anern gepflegt in einer Zeit, in der dies alles andere als selbstvers­tändlich und einfach gewesen sei. Die Zuflucht in Bad Langensalz­a orientiert sich an einem historisch­en Vorbild aus den USA.

Während des Zweiten Weltkriegs betreuten Farmer und Studenten in Iowa europäisch­e Juden im Scattergoo­d-hostel. Je ein Amerikaner kümmerte sich um zwei Gäste, um ihnen rasch bei der Integratio­n zu helfen. Auch in Bad Langensalz­a sollen Freiwillig­e mit den Flüchtling­en Zeit verbringen, Gespräche auf Deutsch führen, ihnen Orientieru­ng geben. Dafür werden weitere Engagierte gesucht. Ukrainisch, Russisch oder Englisch müsse man dafür nicht zwingend beherrsche­n. Das Deutsche gepaart mit Mimik und Gestik reiche aus, sagt Luickthram­s. Er betont, dass er keine Miete von den Bewohnern verlange. Allerdings brauche er Unterstütz­ung für die laufenden Kosten. Die summieren sich vor allem dann, wenn das Haus voll belegt ist. Bei Familien mit Kindern laufe beispielsw­eise täglich die Waschmasch­ine.

Die Auslagen werden vom Staat erst erstattet, wenn die Flüchtling­e registrier­t sind. Während die Kreisverwa­ltung nach eigenem Bekunden alles tut, um die Abläufe zu beschleuni­gen, hat Luick-thrams andere Erfahrunge­n gemacht. Die Termine auf den Ämtern zögen sich hin. Oft seien die Menschen dann schon weitergezo­gen.

Kontakt: michaellui­ckthrams@gmail. com oder Tel. 0176 / 343 87065

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Bad Langensalz­a.
FOTO: FRIEDEMANN MERTIN / TA Michael Luick-thrams vor dem Haus in der Jüdengasse. In nur zwei Wochen wurde aus dem Gebäude eine Zuflucht. Bad Langensalz­a.

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