Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Schulgesetz: Elternwille wird gestärkt
Zentrale Abschlussprüfung in der zehnten Klasse am Gymnasium soll bleiben. Absage an die schulstufenbezogene Lehrerausbildung
Elmar Otto
Erfurt. Mit dem neuen Thüringer Schulgesetz haben Eltern künftig mehr Mitsprache, wenn es darum geht, ob der Schulstart um ein Jahr verschoben werden kann und welche Schule für ihr Kind die richtige ist. Zwar lag die finale Entscheidung, ob ein Kind inklusiven oder Förderunterricht besucht, bislang schon bei den Eltern. Nach dem zwischen der rot-rot-grünen Fraktionen der Regierung und der CDU ausgehandelten Kompromiss sollen sie es damit aber einfacher haben. „Den Eltern steht es frei, eine andere geeignete Schule oder eine Förderschule für den Schulbesuch des
zu wählen“, heißt es im Gesetzentwurf. Werde ein geeigneter Lernort an einer allgemeinen Schule nicht ermittelt, besuche der Schüler eine Förderschule.
Zudem sollen Eltern nicht mehr nur in Ausnahmefällen beantragen können, mit der Einschulung ihres Kindes zu warten. Die Formulierung im Gesetz lautet nun: „Ein schulpflichtiges Kind kann auf Antrag der Eltern einmal für ein Jahr vom Schulbesuch zurückgestellt werden, wenn die Voraussetzungen für ein erfolgreiches schulisches Lernen im Hinblick auf die Entwicklung des Kindes, insbesondere aufgrund einer medizinischen Indikation, noch nicht gegeben sind. Der Antrag kann erst nach der schulärztlichen Untersuchung und nach Beratung durch die Schule gestellt werden. Die Zurückstellung erfolgt durch den Schulleiter und darf nicht wiederholt werden.“
„Ich bin froh, dass wir das Gesetz etwas von Ideologie befreien konnten“, sagte Unionsfraktionsvize Christian Tischner dieser Zeitung. Eltern hätten es jetzt leichter, im Interesse
ihres Kindes zu entscheiden. Die CDU konnte sich damit bei für sie wichtigen Themen durchsetzen. Dazu zählt das Festhalten an der zentralen Abschlussprüfung in der zehnten Klasse am Gymnasium und eine Absage an die schulstufenbezogene Lehrerausbildung. Die Novelle sieht die Einführung pädagogischer und Verwaltungsassistenten, die stärkere Praxisorientierung an Regelschulen sowie eine gesetzliche Grundlage für Distanzunterricht vor. Dem Chef der FDP-Gruppe, Thomas Kemmerich, geht das Gesetz nicht weit genug. Er sagte, er wolle zwar nicht Pädagogik durch Internet ersetzen. Aber bevor Schule ausfalle, sei ein gut gemachtes ViKindes deo zur Wissensvermittlung bei etwa Youtube „die deutlich bessere Alternative“. SPD-Fraktionsvize Lutz Liebscher sagte, bei ihm überwiege die Freude, „dass wir überhaupt noch in der Lage sind, uns auf Dinge zu verständigen“.
Die Gesetzesänderung muss im Landtag verabschiedet werden. Sie steht in der kommenden Woche auf der Tagesordnung. Anders als das Kindergartengesetz: Nach aktuellen Stand könnte hier allenfalls eine Einigung bei der Verbesserung des Betreuungsschlüssels erreicht werden. Allerdings werden dafür zwischen 80 und 120 Millionen Euro pro Jahr veranschlagt. Und die Finanzierung ist unklar.