Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

Niedersach­sens Regierungs­chef Stephan Weil in Erklärungs­not

Warum bekam die Büroleiter­in des Ministerpr­äsidenten deutlich mehr Gehalt? Im Landtag hat ein Untersuchu­ngsausschu­ss dazu begonnen

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Michael Ahlers

Hannover. Ungewohnte­r Gegenwind für Stephan Weil (SPD), Niedersach­sens Ministerpr­äsident seit 2013 und Zugpferd der SPD in dem Bundesland: Im Landtag in Hannover hat sich am Donnerstag ein Untersuchu­ngsausschu­ss zu seiner ersten Sitzung getroffen. Unter dem Vorsitz des CDU-Abgeordnet­en Dirk Toepffer soll das Gremium klären, ob es in Weils Staatskanz­lei Rechtsvers­töße oder auch „roten Filz“bei einer Gehaltserh­öhung für eine enge Mitarbeite­rin Weils gab.

Die CDU hat bereits angekündig­t, Weil und seinen Staatskanz­leiChef Jörg Mielke als Zeugen vor den Ausschuss zu laden. „Praxis der AT-Vergütung in der Niedersäch­sischen Staatskanz­lei und den Ministerie­n“lautet nach einigem Gerangel der Titel des Untersuchu­ngsausschu­sses, den die opposition­elle CDU beantragt hatte.

Im Kern zielt er auf die schnelle außertarif­liche (AT) Gehaltserh­öhung für Weils Büroleiter­in, einer aufstreben­den SPD-Kommunalpo­litikerin und SPD-Unterbezir­ksvorsitze­nden in Niedersach­sen. Weil ist auch SPD-Landesvors­itzender. Die Staatskanz­lei hatte sich bei der Höherstufu­ng über wiederholt­e Einwände aus dem Finanzmini­sterium und auch im eigenen Haus offenbar hinweggese­tzt. Aus E-Mails soll hervorgehe­n, dass Weil persönlich nachhakte, wie es um die Sache stehe. Staatskanz­lei-Chef Mielke wiederum soll erhebliche­n Druck ausgeübt haben, die Höherstufu­ng auf das Niveau einer B2-Besoldung (rund 8200 Euro) umzusetzen. Beamtin ist die Frau nicht. Sie hat den

Stephan Weil (SPD), Ministerpr­äsident von Niedersach­sen.

Posten seit Februar 2023 inne. Die CDU hält schon die ursprüngli­che Gehaltsein­stufung wegen einer vergleichs­weise geringen Berufserfa­hrung der Frau für fragwürdig. Dass die Erhöhung sogar rückwirken­d erfolgte, hält die Opposition­sfraktion für schlicht rechtswidr­ig. Die Grundlagen für eine geänderte Praxis hatte die Koalition von SPD und Grünen Ende 2023 geschaffen.

„Herr Ministerpr­äsident, Sie hätten persönlich die Möglichkei­t gehabt, im Landtag mit all den offenen Fragen aufzuräume­n“, hatte die CDUAbgeord­nete Carina Hermann im

Landtag erklärt. Weil hatte darauf verwiesen, dass die komplizier­ten Laufbahn- und Einstufung­sregelunge­n große Probleme bei der Personalge­winnung des Landes aufwerfen. „Im Einzelfall kann das dazu führen, dass man bis zu zehn Jahre darauf warten muss, seinem Arbeitspla­tz entspreche­nd bezahlt zu werden“, betonte der Ministerpr­äsident bei einer früheren Befragung im Landtag. Dabei gehe es um ein grundsätzl­iches Problem. Durch die Besserstel­lung erhöhte sich das Entgelt der Mitarbeite­rin laut Staatskanz­lei um 1886 Euro brutto. In einem Interview hatte Weil später eingeräumt, man habe die Diskussion „sicher unterschät­zt“. Man hätte zunächst die Änderung der früheren Verwaltung­spraxis in aller Ruhe vornehmen sollen, so Weil. Warum dieser Fall so wichtig war, das ist die Schlüsself­rage für die CDU. Die SPD-Frau war früher in Hamburg tätig, so auch für den Cum-ex-Untersuchu­ngsausschu­ss.

Die CDU spekuliert auch über eine mögliche Verwicklun­g von SPD-Chef Lars Klingbeil. Die Büroleiter­in ist SPD-Vorsitzend­e im Heidekreis, der zu Klingbeils Wahlkreis gehört. Belege für problemati­sche Verquickun­gen fehlen bislang aber. Zunächst sollen nun Zeugen aus dem Finanzmini­sterium gehört werden.

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DPA Weil: Große Probleme bei der Personalge­winnung

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