Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Höfe beliefern libysches Restaurant
Konzept von Mahmoud Makhlouf in Erfurt findet bei Bauern der Umgebung großen Anklang
Paul Müller
Erfurt. Mahmoud Makhlouf muss auf einen Stuhl steigen, damit er in der Menge nicht untergeht. Um ihn herum drängen sich die Menschen dicht aneinander. Der Umgangston ist entspannt, es wird gelacht, gewitzelt und gedrückt; man kennt sich. Mehr als 60 geladene Gäste sind an diesem Dienstagabend in die Grafengasse in Erfurt gekommen, um der Restauranteröffnung von Mahmoud Makhlouf beizuwohnen.
Der junge Mann aus Libyen möchte in der thüringischen Landeshauptstadt etwas Neues wagen: Libysches Essen, das fast ausschließlich mit lokal produzierten thüringischen Produkten gekocht wird. So etwas habe es noch nie gegeben, sagt Michael Grolm, Vorsitzender des Mitteldeutschen Landesverbandes der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (ABL). Die meisten Restaurants in Thüringen würden ihre Produkte von Großhändlern kaufen, sagt Grolm.
Gute Zusammenarbeit mit regionalen Betrieben
Die Gründe seien nachvollziehbar, sagt Grolm: Regionale Produkte seien teurer und nicht jedes Produkt, das der Gastronom benötige, gebe es zu jeder Jahreszeit. Dabei sei es auch für die familienbetriebenen Höfe in Thüringen wichtig und notwendig, regionale Abnehmer für ihre Ware zu bekommen. In Thüringen gibt es nur noch etwa 175 unabhängige, familienbetriebene Höfe, die meisten davon werden ökologisch-wirtschaftlich betrieben.
Um dem Marktdruck standzuhalten, seien viele kleinere Betriebe darauf angewiesen, ihre Produkte auf Wochenmärkten oder an Zulieferer zu verkaufen, sagt Grolm. Gerade kleinere Höfe, die nicht viel Land besitzen, würden von Subventionen nicht profitieren. Das sei auch ein Erbe der DDR und der Nachwendezeit, wo vor allem Großbetriebe gefördert wurden. Wegen der durch Ukrainekrieg und Inflation gestiegenen Kosten hätten viele Menschen darauf verzichtet, direkt bei den lokalen Produzenten zu kaufen. Während Supermärkte und Großunternehmen von der Situation mehr profitierten, kam es bei den regionalen Produzenten zu Einbußen von bis zu 50 Prozent.
Der Trend hin zum billigeren Supermarktprodukt geht auf Kosten der Qualität. Makhlouf will das ändern. Er kommt selbst aus einer Bauernfamilie und hat das Kochen bereits als Kind erlernt, indem er seiner Mutter zuhause über die Schulter schaute. Gute Qualität und eine gute Zusammenarbeit mit den regionalen Bauernbetrieben sei ihm deswegen besonders wichtig. Zurzeit wird er von bis zu fünfzehn Höfen aus der Umgebung beliefert. Die Schwierigkeit dabei sei vor allem die Koordination, da die Landwirte nicht immer die gebrauchten Produkte parat haben. Deswegen gelte es, alles zu verwerten, was angeboten wird, also sich nicht nur die Filetstücke auszusuchen, sondern das ganze Tier zu verarbeiten, sagt Makhlouf.
Das dieses Projekt für ihn ein sehr persönliches Anliegen ist, zeigt auch der Name des Restaurants: „Mijou“. „Mijou“bedeutet im Arabischen Eisvogel und wurde ihm als Spitzname von seinem inzwischen verstorbenen Bruder gegeben.
Sein Restaurant sieht er als Begegnungsstätte und möchte hier auch Veranstaltungen ermöglichen, die dazu beitragen, Vorurteile abzubauen. Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) ließ es sich nicht nehmen, dem neuen Betreiber einen Besuch abzustatten. Er betont, dass ein zukunftsfähiges Thüringen auf Zuwanderung angewiesen ist. Deswegen wünsche er sich mehr Wertschätzung für die Menschen, die wertschöpfend in Thüringen arbeiten.