Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Vom Islam zum Christentum
Familie mit iranischen Wurzeln wechselt die Religion. Taufe und Kommunion gefeiert
Mühlhausen. Zu Hause, das ist Deutschland, das ist Mühlhausen. Lukas (28) und Maria Hamidi (27) leben mit ihren Kindern Johannes (9) und Josef (anderthalb Jahre alt) seit rund fünf Jahren in der Stadt. Aus dem Iran sind sie geflohen. Über die Türkei, Griechenland, Mazedonien und Kroatien kamen sie nach Deutschland, über München dann ins Eichsfeld.
Pfarrer Heiko Husmann erinnert sich genau an die erste Begegnung: „Eine hübsche junge Frau mit langem schwarzen Haar kam ins Gemeindehaus und rief: Ich bin Christin, keine Muslima.“
Maria ist eine moderne Frau: Schick gekleidet, enges Oberteil, enge Hose, hohe Schuhe. Geschminkt. Die Gastfreundschaft überwältigend. Kaffee, Tee. Drei Kuchen. Obst. Selbst der Pfarrer, der an diesem Tag Gast im Hause ist, wird beschenkt. Die vierköpfige Familie ist angekommen in der Stadt, in der Kultur.
Für Maria und Lukas stand schon in der Zeit im Iran, wo sie als Moslems lebten, fest: Wir wollen Christen werden. Lukas kann den Grund genau erklären. Es geht ihm um Gleichberechtigung. „Es kann nicht sein, dass ein Mann zehn Frauen haben kann, dass das Leben einer Frau nichts wert ist.“Seine Frau ergänzt: „Wo Moslems sind, da ist Krieg, da sind die Städte zerstört.“
Das Kreuz gehört zu Johannes‘ Alltag. Die Beiden wollten Frieden und Freiheit. „In Deutschland können wir frei sein.“Und hier können sie als Christen leben.
Heimliche Treffen der jungen Verliebten im Iran
Im Iran haben sie sich kennengelernt. Treffen konnten sie sich nur heimlich. „Es ist jungen Menschen verboten, mit dem anderen Geschlecht zu reden. Wir mussten uns heimlich treffen. Noch immer suchen
die Eltern der jungen Männer die Frau für ihren Sohn aus“, sagt Lukas.
Marias Eltern flohen schon einige Zeit vor dem jungen Paar nach Deutschland, lebten anfangs in Großengottern, jetzt in Mühlhausen. Pfarrer Heiko Husmann ist zu einem Freund der Familie geworden. Er staunt noch immer über die Toleranz von Marias Eltern. „Ich habe Hochachtung vor ihnen.“
Husmann und Thomas Münnemann, damals noch Diakon, tauften das junge Paar und Johannes in Holungen. Fronleichnam 2016 war das. „Die Vorbereitungszeit auf die Taufe war kürzer als gewöhnlich, nur von Weihnachten bis Mai. Doch der Bischof hat zugestimmt.“Husmann wollte die Drei selbst taufen, bevor er eine neue Pfarrstelle antrat und nach Bickenriede umzog. Schließlich war die Beziehung schon damals eng. Vor wenigen Tagen sind die Hamidis den nächsten Schritt gegangen: Johannes empfing in Mühlhausen die Kommunion. Die Großmutter, noch immer Muslima, kam in die Kirche. Mit Kopftuch. Das Kreuz, das Johannes zur Taufe bekommen hat, trägt er noch immer regelmäßig um den Hals, auch in der Schule. In der Grundschule Margarethen geht er in die dritte Klasse. Sport mag er besonders, spielt im Verein Fußball. „Wir sind Christen, das können die anderen ruhig sehen“, sagt Maria. Doch Lukas weiß: „Die Moslems in Mühlhausen reden hinter unserem Rücken, dass wir zum Christentum übergetreten sind.“
„Forever“wollen sie in Deutschland, in Mühlhausen bleiben. Hier haben sie Arbeit. „In den Iran fahren wir nur noch zum Urlaub, mal für zehn Tage“, sagt Maria. Doch auch das ist selten. Sechs Jahre ist es her, dass sie Lukas‘ Eltern dort besucht haben. „Im Iran gibt es zwar Kirche, aber frei sind die Frauen dort auch nicht.“Nur eines missfällt dem Paar: „In unseren Pässen steht noch immer Samulla und Parvane. Aber ich bin nicht Samulla, auch wenn mich die Kollegen so nennen. Wir sind Lukas und Maria. Doch die Behörden sehen das anders“, sagt Lukas. Und für Husmann ist Maria „der schönste Frauenname überhaupt“.
In Deutschland sind wir frei.
Lukas (Samulla) Hamidi, der mit seiner Familie seit fünf Jahren in Mühlhausen lebt