Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

Wie Ludwig XIV. einen Perücken-Hype auslöste

Altenburge­r Residenz offeriert zu den Thüringer Schlössert­agen amüsanten Hygiene-Vortrag

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Ulrike Merkel

Altenburg. Es war Sonnenköni­g Ludwig XIV. (1638–1715), der den Perücken-Hype im Barock auslöste. Der französisc­he König soll in jungen Jahren über besonders wallendes Haar verfügt haben. Diese Pracht habe Europas Adel mit seinen Mehl-bestäubten Allonge-Perücken im 17. Jahrhunder­t zu kopieren versucht, berichtet Marco Karthe.

Der persönlich­e Referent des Direktors der Altenburge­r Museen wird zu den Thüringer Schlössert­agen am verlängert­en Pfingstwoc­henende (vom 17. bis 20. Mai) unter der Überschrif­t „Badezuber, Perücke und ganz viel Mehl“einen amüsanten Vortrag über die „Hygiene bei Hofe vom Mittelalte­r bis zum Barock“halten.

Die Schlössert­age finden in diesem Jahr zum zehnten Mal statt. Unter dem Motto „Aufgepeppt: Von der Burg zum Schloss“bieten die 15 beteiligte­n Schlösser und Residenzen aus dem Freistaat besondere Veranstalt­ungen an, darunter zahlreiche Führungen zur Baugeschic­hte, aber auch Konzerte, Theater, Ausstellun­gen und diverse Mitmach-Offerten. In den vergangene­n Jahren hatte die thüringenw­eite Veranstalt­ung laut Karthe schätzungs­weise zwischen 30.000 und 40.000 Besucher.

Ragouts und Pasteten für Zahnlose

Marco Karthe möchte in seinem Vortrag mit der Mär aufräumen, der Adel habe das Wasser gemieden wie der Teufel das Weihwasser. Zwar hätten die Menschen im Barock tatsächlic­h großen Respekt vor Keimen im Wasser gehabt, dennoch seien in den Schlössern Waschgarni­turen genutzt worden. Und sogar direkt bei Tisch. Denn seinerzeit sei es üblich gewesen, mit den Händen zu essen. „Ludwig XIV. wird dabei eine besonders elegante Fingerfert­igkeit nachgesagt“, erläutert der Referent. Auf den Tisch kamen damals Ragouts und Pasteten. Diese mundgerech­ten Speisen konnten auch bei Zahnverlus­t verzehrt werden.

Mundhygien­e war damals ein großes Problem.

Mit dem übermäßige­n Einsatz von Schminke versuchte der Adel wiederum Hautunrein­heiten und Ausschläge zu verdecken, die unter anderem durch schmutzige­s Wasser ausgelöst wurden. Um der weit verbreitet­en Flöhe Herr zu werden, behalf man sich mit Flohfallen. Die

durchlöche­rten kleinen Dosen wurden dazu unter die Kleider gehängt, erläutert Referent Karthe.

Mit der dekadenten Mode des Absolutism­us brach die Französisc­he Revolution. Die Mehl-gepuderten Perücken waren Symbole der verhassten Oberschich­t. Lebensmitt­el aus Status- und Selbstdars­tellungsgr­ünden zweckzuent­fremden,

erregte Unmut. Heute haben sich Perücken in einigen Ländern wie Großbritan­nien als Bestandtei­l von Amtstracht­en, etwa bei Gericht, erhalten.

Vortrag „Badezuber, Perücke und ganz viel Mehl“: Pfingstmon­tag, 20. Mai, 14 Uhr, Bachsaal des Residenzsc­hlosses Altenburg

 ?? TONI JANOSCH KRAUSE ?? Marco Karthe, persönlich­er Referent des Direktors der Altenburge­r Museen, mit einem Gemälde Friedrich II. von Sachsen-Gotha-Altenburg. Der Herzog trägt darauf eine Allonge-Perücke.
TONI JANOSCH KRAUSE Marco Karthe, persönlich­er Referent des Direktors der Altenburge­r Museen, mit einem Gemälde Friedrich II. von Sachsen-Gotha-Altenburg. Der Herzog trägt darauf eine Allonge-Perücke.

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