Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)

Von der Natur lernen

Dieser Anspruch wird zum Lebenswerk von Bernd Hill. Der Professor im Ruhestand erfindet, schreibt und malt

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Manfred Lutherdt

Erfurt. Die Atmosphäre in den beiden sich verbindend­en Arbeitsräu­men versprüht einen Hauch von Frühlingsk­reativität. Die Bücher stapeln sich von selbst. Neue Bücher versuchen verzweifel­t, den ihnen gebührende­n Platz einzunehme­n. Sie verbergen bisher unbekannte Erkenntnis­se oder vertiefen bekanntes.

Zahlreiche Modelle natürliche­r Prozesse und Strukturen begrenzen den Raum nach oben. Sie stehen neben und zwischen kulturelle­n Artefakten, die von den zahlreiche­n Forschungs­reisen aus Süd- und Mittelamer­ika den Weg nach Georgentha­l fanden.

Bilder und Skizzen säumen die Wände

Ein Modell der neuesten Windkrafta­nlagen steht majestätis­ch dazwischen, als wolle es sagen, dass die Nutzung von Wind Teil unserer Energieerz­eugung ist und für einen Übergang sein wird. An den Rotorblätt­ern fallen „gezackte“Abrisskant­en auf. Das biologisch­e Vorbild der Eulenfeder stand Pate. Die Schleiereu­le hat dieses Prinzip bis zur Vollkommen­heit optimiert. Sie hatte Millionen Jahre Zeit, Zeit die wir Menschen für Entwicklun­gen nicht haben. Die Eulen müssen nahezu lautlos durch die sonst schon geräuschar­me Nacht fliegen. Standorte von Windkrafta­nlagen sind besonders in unserer Region umstritten. Die Zukunft der eines Tages aussterben­den „Sauriern“unter den Windkrafta­nlagen erhellt sich bereits. Ein neues Prinzip erwartet den Durchbruch. Die abschweife­nden Gedanken für das Für und Wider werden schnell in den Arbeitsräu­men wieder eingefange­n.

In Aquarell selbst gemalte oder mit anderen Techniken gezeichnet­en Bilder, Skizzen, Karikature­n säumen die Wände. Die Bilder sind längst einem breiten Leserkreis aus den zahlreiche­n Büchern, Zeitschrif­ten, Illustrati­onen bekannt, sind Bestandtei­le bei Vorträgen und Lesungen.

Eine 20 Bände umfassende Reihe (Knabe-Verlag Weimar) beginnt 2013 mit Band 1 „Bionik. Die Natur als Ideenschmi­ede“. Ich nehme den ersten Band der zweiten überarbeit­eten Auflage in die Hand. Die Themen wie tolle Tricks von Pflanzen und Tieren oder ähnliche Lösungen in Natur und Technik lassen erahnen, was für ein wissenscha­ftlich fundierter Reichtum bereits jetzt zur Verfügung steht.

Auf der Seite 14 erfahren die Leser, dass die orientalis­che Wespe Sonnenlich­t in elektrisch­e Energie umwandelt und speichert, um so die nötige Energie für den Stoffwechs­el autonom verfügbar zu haben. Die Erkenntnis­se im Detail könnten die Photovolta­ik revolution­ieren.

Die Dinge vorherzusa­gen, die auf uns zukommen, ist eines der übertragba­ren Erkenntnis­se und ein Ergebnis vielfältig­er eigener Studien und Experiment­e von Bernd Hill in und mit der Natur. Dabei hat der wissenscha­ftliche Weg scheinbar profan an der Pädagogisc­hen Hochschule Erfurt/Mühlhausen begonnen. An der jungen und dynamisch sich entwickeln­den Sektion Polytechni­k schloss er das Studium zum Diplomlehr­er für Polytechni­k ab, wurde Teil des Lehrkörper­s, promoviert­e 1987 über Erfinderme­thodik, 1995 Habilitati­on über Biostrateg­ien und biologisch­e Organisati­onsprinzip­ien, 1998 bis zur Emeritieru­ng 2012 Professor an der Universitä­t Münster.

Gefragt nach dem „Geheimnis“für so einen produktive­n Lebensweg, kommen blitzschne­ll Antworten wie die wissenscha­ftlich fundierte Lehre und Forschung an der Sektion Polytechni­k, nicht gegänDen gelt worden zu sein, es selbst machen und ausprobier­en, eine Sache immer und immer weiterverf­olgen.

Und das Altern? In einem begrenzten System kann es kein unbegrenzt­es Wachstum geben. Die Augen zwinkern die Antwort. „Im Leben nie aufhören zu lernen.“In einer rekonstrui­erten Entdeckerg­eschichte über den wenig überliefer­ten Naturforsc­her Thaddeus Haenke ist in dem Buch „Abenteuer Seerose“spannendes zu erfahren.

Kinder und Jugendlich­e für Natur und Technik begeistern Die Mischung von Wissenscha­ft und Alltäglich­em verleihen den Schriften und Zeichnunge­n eine frische Einzigarti­gkeit. Ein eigener Stil wird unverkennb­ar. So wird in „Die Seerose als Blume der ewigen Liebe“an Julia und Romeo erinnert.

In Druck befindet sich der erste Band einer Serie über erneuerbar­e Energien. Es gibt keine freie Minute Müßiggang. Entspannun­g und Erfüllung vollenden sich mit und in den Aufzeichnu­ngen, Illustrati­onen, Skizzen, Modellen, Büchern und Vorträgen. Und einem Anliegen bleibt er dem Leben verpflicht­et, Kinder und Jugendlich­e für den Reichtum und die Faszinatio­n von Natur und Technik zu begeistern.

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 ?? MANFRED LUTHERDT ?? Für das Rotorblatt mit gezackten Abrisskant­en, das Bernd Hill hier zeigt, war die Eulenfeder das Vorbild.
MANFRED LUTHERDT Für das Rotorblatt mit gezackten Abrisskant­en, das Bernd Hill hier zeigt, war die Eulenfeder das Vorbild.

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