Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Großes Abenteuer auf DDR-Mopeds: Von Mühlhausen nach Paris
Mit nur 1,8 PS unterm Hintern wagen sich acht mutige Zweiradfreunde aus dem Unstrut-Hainich-Kreis auf eine 1000 Kilometer lange Reise von Mühlhausen bis zum Eiffelturm nach Paris
Daniel Volkmann
Paris. Acht Zweiradfreunde aus dem Unstrut-Hainich-Kreis starteten kürzlich ein einzigartiges Abenteuer: Mit nur 1,8 PS und auf ihren historischen Simson-Rheinmetall „SR2“-Mopeds machten sie sich auf den Weg von Mühlhausen nach Paris.
Die gut 1000 Kilometer lange Reise begann am Himmelfahrtstag am Mühlhäuser Untermarkt, ihr Ziel: der Eiffelturm und das Moulin Rouge. Sechs Männer fuhren auf den DDR-Mopeds, während zwei weitere in einem Transporter, hergerichtet zur mobilen Werkstatt und als Begleitfahrzeug ausgestattet, folgten. „Die Idee für diese verrückte Tour entstand nach dem vierten Bier“, berichtet Heiko Sagert. „Wir haben schon immer mal wieder gemeinsame Touren gemacht, oft mit starken Motorrädern über alte Grenzpassstraßen durch die Alpen“, sagt der 53-Jährige. Inspiriert wurden die SR2-Piloten vom Film „25 km/h“, in dem zwei Brüder nach 30 Jahren eine Mofa-Tour durch Deutschland unternehmen. Heiko Sagert kam auf die Idee, sich von Heinz Rühmanns Film „Der Eiserne Gustav“leiten zu lassen, wo ein Droschkenkutscher ebenfalls seine Reise nach Paris antritt.
Totalausfall kurz nach dem Start
Die alte Mopedtechnik erforderte eine gut ausgestattete Werkstatt und ein Ersatzteillager. „Mit einfachen Werkzeugen und grundlegendem mechanischem Verständnis konnten wir die Probleme selbst lösen“, erklären die Zweiradfreunde. Täglich legten sie so bis zu 180 Kilometer mit den teils 60 Jahre alten DDRFahrzeugen zurück. Nach der erfolgreichen Planung einer Reiseroute von Mühlhausen über Fulda, Darmstadt, Saarbrücken, Verdun und Reims bis nach Paris berichten die Zweiradfreunde von einigen unerwarteten Herausforderungen auf der gut einwöchigen Tour.
Die Sonne am Himmelfahrtstag strahlte, voller Vorfreude begann die erste Etappe der SR2-Piloten vom Mühlhäuser Untermarkt nach Fulda. Doch schon nach 578 Metern war Schluss für ein Moped –Totalausfall. In Fulda wartete die Reparatur. Schon früh zeichnete sich nach Angaben der Beteiligten ab, dass die Tour nicht ohne Umwege verlaufen würde. Die zweite Etappe führte quer durch das Rhein-MainGebiet. Trotz einiger Orientierungsprobleme,
einhergehend mit dem Schieben der Mopeds über eine steile Treppenanlage, um im Anschluss über den Main zu gelangen und einem Moped mit Kupplungsproblemen, meisterten die Piloten die 150 Kilometer lange Strecke. Ein defektes Fahrzeug wurde am Abend in Darmstadt repariert. Die dritte Etappe nach Saarbrücken, gut 180 Kilometer, verlief, so berichten es die Männer, fast pannenfrei. Nur eine Kupplung musste kurz vor Erreichen des Ziels gewechselt werden; zu groß sei der Verschleiß gewesen. Kurzerhand wurde das Moped auf dem Gehweg abgestellt und auf dem selbigen repariert. „Inzwischen sitzt bei solchen kleinen Eingriffen jede Handbewegung“, sagt SR2-Pilot Sagert. Besucher aus der Heimatstadt Mühlhausen hätten am Zielort ebenfalls für einen Motivationsschub gesorgt. Auf der vierten Etappe ging es dann von Saarbrücken nach Verdun. Die historische Stadt empfing die Piloten nach einer Fahrt mit etlichen für die kleinen Mopeds zur Herausforderung gewesenen Bergetappen. Die Männer berichten auf ihrer Tour von vielen Menschen, die sich nach ihnen und der alten Technik umgedreht, gewunken oder sogar den Daumen nach oben gezeigt hätten.
Enormer Kraftakt auf der vorletzten Etappe
Die fünfte und vorletzte Etappe sei ein enormer Kampf gegen die Höhenmeter Richtung Reims gewesen. Die Mopeds hätten absolute Höchstleistung erbringen müssen. Diese Etappe sei mit nur 120 Kilometern zwar eine der kürzesten auf der Tour gewesen, aber über 2000 Höhenmeter hätten überwunden werden müssen. Am Dienstagabend erreichte der Tross schließlich Paris. „Wir sind mit strahlenden Gesichtern und einem Gefühl der Erleichterung in Paris angekommen“, berichtet Heiko Sagert. Trotz der Herausforderungen einer 170 km langen Strecke, von denen etwa 100 Kilometer bei strömendem Regen und Gegenwind absolviert wurden, legten die Männer insgesamt 920 Kilometer mit den historischen Gefährten zurück. Auf ihrer Liste stehen nun Pariser Sehenswürdigkeiten wie der Eiffelturm, der Louvre, die Champs-Élysées und NotreDame. Allerdings erwies sich dies als kleines Abenteuer, da Paris eine große Umweltzone besitzt und unklar war, ob die teils über 60 Jahre alten Zweitakter dort fahren dürfen. Auf ihrer gesamten Tour hatten die Männer Rostbratwürste vom Mühlhäuser Bratwurstmuseum dabei und warben für ihre Region.