Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Die Firma
Helmut Peter besitzt seit 1990 ein Autohaus in Nordhausen, das mittlerweile 26 Filialen in drei Bundesländern hat. Sohn Andreas unterstützt ihn bei der Leitung
Er schlendert über den langgezogenen Hof in der Halleschen Straße in Nordhausen, das karierte Hemd ist in die Anzugshose gezwängt, der Bauch sorgt für eine gewisse Spannung über dem Gürtel. „Wo komme ich denn hier zum Autohaus?“, fragt ein Lkw-fahrer, der mit einem Zettel in der Hand auf der Suche ist. „Da musste nur gerade aus und dann nach links“, zeigt Helmut Peter mit dem Finger den Weg. So als ob sie sich schon lange kennen.
Er geht weiter. Von einer Filiale zur anderen, sieben sind es nebeneinander allein in Nordhausen. Bei seinem Spaziergang, der zugleich eine regelmäßige Inspektion ist, bleibt er oft stehen — schaut, grüßt, spricht, lacht. „Hier würde ich bei einer Direktwahl des Chefs bestimmt mindestens 80 Prozent erhalten“, vermutet er. Auf die Frage, „warum nicht hundert?“überlegt er kurz und antwortet, dass es ja immer überzeugte Abweichler gebe.
Helmut Peter ist seit 1990 Chef der Autohausgruppe Peter, die ihre Zentrale in seiner Geburtsstadt hat und inzwischen 26 Filialen besitzt. Nicht nur in Thüringen, auch in Niedersachsen und neuerdings in Sachsenanhalt. Dort wollte die Beresagruppe aus Westfalen ihre ostdeutschen Besitztümer abstoßen. Peter griff zu, nachdem eine Erweiterung in Göttingen und Erfurt zuvor gescheitert war. Er investierte mehrere Millionen Euro, an die 100, schätzt er, sind es wohl insgesamt seit der Wende nun schon. Bei Mercedes gehört er damit zu den 50 größten Händlern in Deutschland. Mit Sohn Andreas Peter bildet er seit 2005 eine Doppelspitze. „Wir haben vom ersten Tag an die Verantwortungsbereiche geteilt“, erklärt dieser. Der Junior ist vor allem für den Neu- und Gebrauchtwagenvertrieb sowie das Controlling zuständig. Der Senior lenkt den Vertrieb und Service. Alle Entscheidungen rund um Personal, Bankgeschäfte und Bauangelegenheiten besprechen die beiden miteinander. Inzwischen sind sie für rund 800 Mitarbeiter zuständig.eine Last? „Nein eigentlich nur Lust“, findet Helmut Peter.
Sein Sohn bewundert an ihm die Ausdauer. 7 Uhr ist der Vater im Büro, der Arbeitstag endet oft erst nach 14 Stunden. „Was ich verquatscht habe, muss ich hinten dran hängen“, sagt Helmut Peter zur Begründung. Und er redet durchaus viel, weil er engagiert und „ungemein vernetzt“ist. Die Kontakte müsse man ja pflegen, im Geschäftlichen sowieso, aber auch die, die in die Politik, zum Sport oder zur Kultur reichen. Zu seinen guten Bekannten oder sogar zu Freunden zählen wichtige Entscheidungsträger in Thüringen, sei es von jetzigen oder einstigen Regierungen, von Ämtern, Vereinen, Behörden, Gesellschaften. „Wer mein Vertrauen gewonnen hat, der kann auf mich in jeder Lage zählen“. Dankbar für diesen Wesenszug sind viele, so hält er beispielsweise nach wie vor eisern zum einstigen Ministerpräsidenten Dieter Althaus.
Helmut Peters hat seit der Wende reichlich riskiert und investiert. 1990 war er zunächst noch Vorsitzender der PGH „Gute Fahrt“, um dann als Leiter des ersten Autohauses Chef einer Gmbh zu werden. Mehrere Filialen kamen im Laufe der Jahre hinzu, ab dem neuen Jahrtausend auch im Westen, in Northeim, Osterode, Einbeck oder Göttingen. „Wer nicht wagt, verliert“, ist der 59-Jährige überzeugt. Wobei jede Investition Sinn machen müsse.
Kraftfahrzeug-elektriker hat er einst gelernt und zugleich beim Vater als Landwirt noch etwas Geld dazu verdient. Vom Schweinezüchter also zum Millionär? „Dann schon eher zum Mercedes-händler“, korrigiert er schmunzelnd mit Blick auf die Verbindung mit Daimler. Das Autohaus Peter ist im Osten mit seinem Vertreter-status einer der bedeutendsten Vertragshändler des Stern-unternehmens, wobei weitere sechs Marken zum Verkaufs-angebot zählen, dazu kommen noch verschiedene Service-marken. Klar, nun hat er auch die Elektro-autos im Visier. Doch er ist skeptisch, dass die im nächsten Jahrzehnt dominieren. „Wir werden auch dann nicht nur mit Strom und autonom fahren“. Er selbst benötigt keine besonderen Extras, „ich nehme das Auto, das mir mein Sohn hinstellt“. Klar, es hätte Räder, Lenkrad, vier Türen, ABS und so weiter. „Aber ich brauche keinen Spurassistenten oder irgendwelche Spielereien“. Kürzlich sei er einen Trabant gefahren. Das wäre auch absolut in Ordnung gewesen. Und „nein, Luxus benötige ich nicht“.
Abgehoben will Helmut Peter nicht wirken. Das ist er auch nicht, was kaum daran liegt, dass er die Chance zum Duzen so häufig nutzt wie eine Tachonadel pendelt. Die Menschen in seiner Umgebung, ihr Wohl und Wehe, hat er stets im Auge. Herkunft, Alter, Geschlecht, Parteibuch oder sonstige Dinge sind ihm egal. Für ihn zählt, was einer kann und macht. „Ich bin tiefschwarz, aber was Bodo Ramelow leistet, das kann sich doch sehen lassen“, sagt er und weist kurz danach mit ausschweifender Armbewegung zu seinem Schreibtisch.
„Dort hat jeder Mitarbeiter wohl mindestens schon einmal gesessen“. Alle Personalgespräche führt er selbst, oft sogar am Wochenende „weil dann mehr Zeit ist“. Er zahlt in den meisten Bereichen aus Überzeugung weit über dem gesetzlichen Mindestlohn, „ansonsten rennen die Leute ja weg“. Er kann auch bei privaten Problemen zuhören, „denn die wirken sich doch zwangsläufig auf den Job aus.“
Menschlich zu sein, bedeutet für den Nordhäuser Autohauskönig
Rund 800 Mitarbeiter sind beschäftigt
auch, Flüchtlingen zu helfen. 15 von ihnen, Peter nennt die jungen Männer aus Syrien, Irak und Eritrea „Neubürger“, ermöglichte er zunächst eine Qualifizierung, seit September werden sie zum Kfz-mechatroniker ausgebildet. Dafür hat er an viele Türen geklopft, nicht alle haben sich geöffnet. Er erntete auch Unverständnis und Kopfschütteln für sein Vorhaben. Doch – und das scheint typisch für Peter. Wenn er von etwas überzeugt ist, dann kämpft er dafür. Unabhängig davon, was andere denken.
Peter kann sich innerhalb weniger Minuten auf Menschen einstellen. Es ist gut vorstellbar, mit ihm abends in der Kneipe bei Bier und Eisbein zu sitzen, auf rustikalen Holzstühlen über einfache Witze zu lachen und auf die Schenkel zu klopfen. Genauso erscheint es bestens möglich, mit ihm bei einem teuren Rotwein ernsthaft über die Welt zu philosophieren und nach Möglichkeiten für Lösungen von Problemen zu suchen. Und er hätte dabei wohl stets eine Idee, wie das gelingen könnte. Helmut Peter ist ein Unternehmenspatriarch früherer Prägung. Er geht mit seinen Leuten Blut spenden, kümmert sich, feiert mit ihnen. Aber er fordert von ihnen auch, für die Firma einzustehen. So lange die Gruppe in der Hand der Familie liegt, werden die Strukturen so bleiben. Immer weniger Unternehmer besitzen immer mehr Autohäuser. Wie in anderen Branchen vollzieht sich eine starke Konzentration, chinesische Investoren wollen den Markt erobern. Händler wie Peter stehen vor der Wahl: mitzumachen oder geschluckt werden. Er hat sich für den ersten Weg entschieden – nicht als Mitläufer, sondern Vordenker.
„Er ist ein Macher“, sagt sein 37-jähriger Sohn. Einer der beiden ist mindestens einmal im Monat in jeder Filiale, „wir gehen dann immer durch die Werkstatt ins Haus“, berichtet Andreas Peter, „denn auf das Detail kommt es schließlich oft an“, ergänzt der Vater. Das kann eine Pflanze sein, ein Reifen, eine Zigarettenkippe. „Das äußere Erscheinungsbild ist sehr wichtig“. Bei den Worten weist er auf den Baum vor dem Hauptgebäude. Die Krone ist wie ein Mercedes-stern, eine Baumschule hat sich darauf spezialisiert.
„Natur hat Bedeutung für mich“sagt Helmut Peter in diesem Moment. Man weiß, dass es auch Sport und Kultur sind, die er unterstützt. Die Handballfrauen vom THC, das heimische Theater. Aber ein richtiges Hobby habe er nicht. Ja, vielleicht sein Industrie-museum mit zahlreichen Oldtimern. Also wieder Fahrzeuge. „Eine Trennung von Beruf und Privatem gibt es bei ihm eigentlich nicht“, urteilt sein Sohn. „Mein Vater ist die Firma, die Firma ist er“.
Sie arbeiten nicht nur eng zusammen, sondern wohnen auch nur einen Steinwurf voneinander entfernt. Das erleichtert vieles, dazu zählt auch die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten. Denn „klar kracht es auch mal, aber das passiert hinter verschlossenen Türen und ist schnell vergessen“, so Andreas Peter, dessen 30-jährige Schwester in der Daimler-konzernzentrale in Berlin arbeitet und dadurch ebenfalls mit Autos verbunden ist. Vater Helmut sagt, „soll sie doch erst mal machen, vielleicht kommt sie ja trotzdem nach Thüringen zurück“.
Er ist seit vergangenem Mittwoch weg von dort. Zwei Wochen Urlaub in Dubai. Wieder hat er das gleiche Hotel gewählt, wie seit 20 Jahren. Sonne, Sand, Meer. „Ich bin froh, dass er auch mal runterfährt“, sagt Andreas Peter. Doch er ahnt und weiß auch, dass es keine Vollbremsung ist. Der Vater hat den Tablet-computer dabei.
Aber zumindest wird er bis Ende Oktober auf dem Hof nicht nach dem Weg gefragt.
Auf jedes kleine Detail wird geachtet