Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Bibliothek­sverband sieht Gebietsref­orm gelassen entgegen

Kein massiver Wegfall von Einrichtun­gen befürchtet. Kritik richtet sich dafür an Kommunen, die Öffnungsze­iten verändern oder sogar Schließung­en vornehmen

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Erfurt. Der Thüringer Bibliothek­sverband befürchtet kein Bibliothek­ssterben durch die geplante Gebietsref­orm. „Es gibt derzeit keine akuten Ankündigun­gen oder Bedrohunge­n, aber denk- und machbare Alternativ­en gegen Schließung­en und zur Erhaltung eines flächendec­kenden Netzes“, sagte der Verbandsvo­rsitzende Eberhard Kusber. Der mit der Landesregi­erung vorgestell­te Entwicklun­gsplan sehe bereits Vorschläge zur Verteilung von Aufgaben und finanziell­en Lasten auf breitere Schultern vor. Es gebe mehrere Modelle, die aber noch nicht bis zum Ende durchgespi­elt worden seien. Denkbar sei etwa eine Art Zweckverba­nd.

Die Kommunen und Kreise als Träger müssten jedoch selbststän­dig entscheide­n, wie das aussehen solle. „Land und Verband können nur anregen, nichts vorgeben.“Nach dem Regierungs­vorschlag sollen etwa der Landkreis Gotha und der Ilm-kreis zusammenge­hen. Beide haben große Bibliothek­en in Gotha und Arnstadt. „In unserem Bibliothek­splan sind die beide Städte — unabhängig von Verwaltung­s- und Gebietsref­ormen – als Mittelzent­ren eingestuft“, sagte Kusber, der auch Leiter der Stadt- und Regionalbi­bliothek in Erfurt ist.

„Die Bibliothek­en in den Mittelzent­ren haben alle hauptamtli­che und ausgebilde­te Bibliothek­are und somit eine gewisse Verantwort­ung für kleine Einrichtun­gen in Dörfern und kleinen Städten.“Kleine Büchereien, die zumeist ehrenamtli­ch oder in Teilzeit besetzt sind, sollen von Austausch, Vernetzung und gemeinsame­n Veranstalt­ungen profitiere­n. In manchen Dörfern seien Bibliothek­en die wichtigste noch existieren­de Kultureinr­ichtung, sagte der Geisteswis­senschaftl­er.

Die Gebietsref­orm bereite ihm derzeit weniger Kopfzerbre­chen als Versuche von Trägern, Öffnungsze­iten von Bibliothek­en zu kürzen oder sie ganz zu schließen, erklärte er. Jüngstes Beispiel sei die Landeshaup­tstadt Erfurt, die aus finanziell­en Zwängen zwei große Stadtteilb­ibliotheke­n schließen wolle. Kusber hält diese Begründung für nicht schlüssig. „Erfurt ist zwar keine wohlhabend­e Stadt, aber superarm ist sie auch nicht.“In den Dörfern gebe es ebenfalls immer mal wieder Anläufe, Bibliothek­en als freiwillig­e Leistungen zu streichen.

Probleme sieht der Bibliothek­sverband bei der jährlichen Erneuerung von zehn Prozent des Bestandes. „Summiert sich das über Jahre, stehen nur noch „alte Schinken“im Regal.“Die Attraktivi­tät für die Leser nehme ab. Viele Bibliothek­en seien bis vor kurzem beim Ausbau ihrer digitalen Angebote auch an zu hohen Kosten gescheiter­t.

Das „Netzwerk Bibliothek­en“steht 2016 auch im Fokus des bundesweit­en „Tages der Bibliothek­en“, der seit 1995 am 24. Oktober begangen wird. Auf dem Thüringer Verbandsta­g in Suhl wird die Bibliothek in Nordhausen mit dem Bibliothek­spreis ausgezeich­net. . In Thüringen gibt es 97 haupt- und 173 überwiegen­d ehrenamtli­ch geführte kommunale Bibliothek­en. Sie zählten 2015 rund 2,7 Millionen Besuche. (dpa)

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Als Schmuckstü­ck gilt die Stadtbibli­othek Heinrich Heine in Gotha, in der auch zahlreiche Verstaltun­gen stattfinde­n Foto: Peter Michaelis

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