Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Polizei ermittelt wegen angeblicher Suizid-aufrufe
Ein Flüchtling stürzt sich in Schmölln in den Tod – Schaulustige sollen ihn dazu ermuntert haben. Bislang keine Beweise
Schmölln. Nach dem tödlichen Sprung eines Flüchtlings aus dem fünften Stock eines Hauses in Schmölln ermittelt die Polizei, ob ihn Anwohner tatsächlich zum Suizid ermuntert haben. Bislang gibt es dafür aber keine Beweise. Ein Polizeisprecher sagte am Sonntag, eine Mitarbeiterin der Betreuungseinrichtung für Flüchtlinge, in der der 17-Jährige untergebracht war, habe bei ihrer Befragung erklärt, dass die Worte „Spring doch“so nicht gefallen seien. Sie habe gemeint, etwas Ähnliches gehört zu haben. Die Ermittler kennen bisher auch nicht den Passanten, der dies gerufen haben soll. „Wir gehen diesen Hinweisen aber nach“, so ein Sprecher.
Allem Anschein nach, gibt es für den Vorwurf bislang nur eine einzige, womöglich unsichere, Quelle, auf die sich wohl auch Schmöllns Bürgermeisters Sven Schrade (SPD) stützte, als er am Sonnabend dem MDR sagte. „Uns liegen auch Informationen vor, dass einige, ich nenne sie mal Schaulustige, diesem Vorfall lange beigewohnt haben, und wohl auch Rufe gefallen sein sollen wie „Spring doch“. Am Sonntag ruderte er zurück. Er wolle sich nicht an Spekulationen beteiligen und hoffe auf schnelle Aufklärung.
Der Geschäftsführer der Betreuungseinrichtung, David Hirsch, sagte ebenfalls, dass eine Mitarbeiterin entsprechende Rufe gehört habe. Polizei und Feuerwehr bestätigten dies aber nicht.
Die Polizei geht bei dem tödlichen Fenstersturz von Suizid aus. Sie gab das Alter des Flüchtlings mit 17 an. Andere Quellen sprechen von 15. Das sei, so die Polizei, nicht ungewöhnlich bei Minderjährigen, wenn sie ohne Pass nach Deutschland kommen. Den Angaben zufolge war der Jugendliche zuvor wegen psychischer Probleme in Behandlung. Kurz vor der Tat habe er in der Unterkunft randaliert, weshalb die Polizei gerufen wurde. Die Beamten konnten ihn aber nicht mehr vom Sprung aus dem fünften Stock abhalten.
Polizei und Feuerwehr bestätigten, dass sich Schaulustige vor der Unterkunft aufhielten. Wie gut der Mann Deutsch konnte und angebliche Suizidaufrufe verstehen konnte, ist noch unklar. (dpa,wsch)