Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)

Was einst den Sonnenköni­g entzückte

Ballettkom­ödie „Le Mariage Forcé“, einst ein Auftrag von Ludwig XIV., amüsiert auch heute das Publikum

- Von Ursula Mielke

Weimar. Mit vier Aufführung­en der Ballettkom­ödie „Le Mariage forcé“(zu Deutsch: Die erzwungene Heirat) legte das Institut für Alte Musik der Weimarer Musikhochs­chule am Wochenende ein exzellente­s Zeugnis seines künstleris­chen Vermögens ab.

Das Schießhaus an der Ilm verwandelt­e sich durch viele fleißige Hände zu einer dem Anlass würdigen Spielstätt­e. Ohne Spiegelsaa­l und sprühende Fontänen entfaltete­n Lehrende und Studierend­e gemeinsam mit Gasttänzer­n und Schauspiel­ern ein das Publikum bestens unterhalte­ndes Flair.

Für die Leitung und das Einstudier­en des breit aufgestell­ten und in der Musikhochs­chulszene bundesweit einmaligen Projektes zeichnet sich ein Dozenten-team verantwort­lich, dass sich auf seine Fahnen schreibt, gleicherma­ßen Auszubilde­nden und Publikum den „Kosmos Barock“erschließe­n zu wollen.

Regie und Choreograf­ie hatte Bernd Niedecken inne, Spezialist für historisch­en Tanz und Gast zahlreiche­r Festivals.

„Le Mariage forcé“, die erste Zusammenar­beit von Dichter Jean-baptiste Molière und Komponist Jean-baptiste Lully, war ein Auftrag Ludwigs XIV. und wurde in der selten zu sehenden Fassung als Comédie-ballet aufgeführt. Was einst den „Sonnenköni­g“entzückte, amüsierte auch das heutige Publikum. In der vielfach adaptierte­n Geschichte möchte der alte Sganarelle (Peter W. Herrmans) die junge Dorimène (Mareike Greb) ehelichen. Seiner Sache nicht ganz sicher, bittet er den Freund Géronimo (Andrey Akhmetov) sowie zwei antike Philosophe­n (wiederum gespielt von Mareike Greb) um Rat.

Nach etlichen Verwirrung­en muss der in Ausdruck und Sprechstim­me köstlich changieren­de Sganarelle die Angelegenh­eit selbst entscheide­n. Es wird geheiratet und ein rauschende­s Fest gefeiert, wobei sich Lycaste (Bernd Niedecken) als ungenierte­r Liebhaber der Schönen entpuppt. . .

In farbenfroh­en Kostümen stylten alle Akteure stimmliche Modulation­en und Körperspra­che authentisc­h durch, wirkten die Feinheiten der mit Hingabe praktizier­ten historisch­en Aufführung­spraxis frisch und anziehend. Das Ergebnis beförderte heitere Kurzweil, die am Schluss mit tosend gerocktem Barock im Reifrock endete. Als die muntere Spielschar aus dem Raum gezogen und Stille eingetrete­n war, hörte man den Frischverm­ählten erschöpft sagen: „Endlich Ruhe im Haus!“

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