Thüringer Allgemeine (Eichsfeld)
Wenn ein stolzer Hansteiner zum Giftmischer wird
Auftaktveranstaltung der ersten Eichsfelder Krimiwochen in Bornhagen ausverkauft. Morgen geht es im Heilbad weiter
Bornhagen. Unablässig klopften die Regentropfen am Freitagabend gegen die Fensterscheiben des Bornhagener Klausenhofes. Perfekte Stimmung für einen mörderischen Abend. Denn im neuen großen Rittersaal des gemütlichen Wirtshauses hatten sich 70 Gäste zusammengefunden, die sich nicht nur kulinarisch verwöhnen lassen wollten, sondern bereit waren, sich einen mörderisch-gruseligen Schauer über den Rücken jagen zu lassen.
Der Abend war der Auftakt zu den ersten Eichsfelder Krimiwochen, ins Leben gerufen von der Verlegerin und Schriftstellerin Astrid Seehaus. Noch druckfrisch ist die erste Eichsfelder Krimi-anthologie mit dem vielversprechenden Titel „Mörderisches Büffet“. Einer der 27 Eichsfelder Autoren, die sich darin mit einer Kriminalgeschichte wiederfinden, ist Günter Liebergesell aus Heiligenstadt. Der 60jährige Krankenpfleger und selbst Verfasser so einiger Bücher, war gern bereit, die Gäste auf den mörderischen Herbst einzustimmen. Und das Team vom Klausenhof ließ sich nicht lumpen und stellte eine mittelalterliche Tafeley zusammen, die es in sich hatte. Passend zur Kriminalgeschichte des Abends, denn die spielt auf der Burg Hanstein.
Mit Herz und Humor führte Astrid Seehaus durch den Abend. Schließlich seien es für sie auch mehrere Premieren. „Ich hätte nicht zu träumen gewagt, dass diese Auftaktveranstaltung ausverkauft ist“, sagte sie glücklich. Sie und Günter Liebergesell brachten die Gäste mehrfach zum Lachen, vor allem, als sie die Geschichte ihrer Zusammenarbeit erzählten. Astrid Seehaus fand nämlich vor einigen Jahren im Krankenhaus ein Buch von Liebergesell vor. Sie nahm es mit und war beeindruckt, dass es im Eichsfeld so talentierte Schriftsteller gibt. Vor einem Jahr, als in ihr die Idee der Krimi-anthologie reifte, rief sie ihn an und bat ihn, doch eine Geschichte beizusteuern. „Nur wenn sie im Mittelalter und auf dem Hanstein spielen darf“, antwortete Liebergesell. „Egal, Hauptsache sie spielt in der Region und ist ein Krimi“, hatte Seehaus geantwortet. Diese Hürde war genommen, aber nicht die Vorgabe von maximal 15 Seiten. Liebergesell schickte 30. „Wir haben gefeilscht wie auf einem marokkanischen Markt“, löste Seehaus Gelächter aus. Aber es war klar, dass diese Geschichte Platz braucht. Die Lektoren seien begeistert gewesen, fanden Attribute wie saftig, süffig, lebendig, farbenfroh. „Und mein eigener Ehemann schwärmte: Haach, da dürfen Männer noch richtige Männer sein“, brachte sie die Gäste erneut zum Lachen.
Erst einmal aber durften die sich stärken – bei Vorsüppchen (natürlich kam passend zur Jahreszeit der Kürbis zu Ehren), Hauptgang und Dessert. Zwischendurch unterhielt Liebergesell die Gäste mit Anekdoten und Geschichten. Dann endlich wurde es spannend, denn zahlreiche Gäste hatten sich noch vor der kulinarischen Lesung von Liebergesell durch die Mauern des Hansteins führen lassen und die stolze Feste noch frisch vor Augen. Still wurde es, als der Heiligenstädter das Mittelalter und den Streit zwischen dem Hansteiner und dem neuen Oberamtmann vom Rusteberg heraufbeschwor: Der Hansteiner verweigert den Treueeid. Die Rache folgt auf dem Fuß. Die Scheunen in Oberstein brennen, der junge Sohn Thilo des Hansteiners wird entführt, nur 200 Golddukaten können ihn auslösen. Dem Hansteiner reicht es. Von seiner alten Amme Bertha in Rumerode lässt er für den gierigen und hinterhältigen Oberamtmann einen tödlichen Trank zusammenrühren, der in ein Fässchen Bier zum Rusteberg gelangt. Hermann von Hanstein hat ein Gegengift in der Tasche, nur drei Stunden bleiben, um ihn zu nehmen, sollte er selbst einen Schluck mittrinken müssen. Es kommt, wie es kommen muss: Der junge Thilo muss das Bier verkosten, damit sicher ist, dass es kein Gift enthält. Wird der Oberamtmann selbst trinken? Kann Thilo gerettet werden? „Wenn Sie das wissen wollen, müssen Sie schon das Buch kaufen“, brach Liebergesell an der spannungsgeladensten Stelle der Geschichte ab – und löste damit einen humorvoll-empörten Aufschrei der Gäste aus.
„Fantastisch“, musste auch Astrid Seehaus lachend in die Hände klatschen. Es habe tatsächlich real existierende Personen auf dem Hanstein und dem Rusteberg gegeben, die er für seine historische Kriminalgeschichte zum Vorbild nahm, verriet der Heiligenstädter. Und kündigte an, dass sein nächstes Buch sich um die trutzige Burgruine drehen werde. Der erste mörderische Abend der ersten Eichsfelder Krimiwochen aber hatte nur ein Todesopfer zu beklagen: Ein 35 Pfund schwerer Truthahn hatte für den Schmaus sein Leben lassen müssen.
Bereits morgen gibt es den nächsten Krimi-abend: Klaus Pfaffrath, Träger des Thüringer Krimipreises 2014, hat ein Faible für die wahren Kriminalfälle. Wie weit seine Recherchen gehen und wem er dabei schon einmal auf die Füße getreten ist, wird er ab 19 Uhr am Dienstag höchstpersönlich in der Heiligenstädter Stadtbibliothek erzählen. Verbunden ist dieser Abend mit einem Sektempfang. Der Eintritt kostet fünf Euro, anmelden kann man sich noch unter stadtbibliothek@heilbadheiligenstadt.de oder unter (03606) 67 74 00.